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Alt 28.06.2008, 16:22
teich1 teich1 ist offline
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Standard AW: Glioblastom IV - Inoperabel

Hallo liebe Eva,

die Geschichte Deines Vaters ähnelt die meines Vaters.
Auch ich war ein Papa Kind und hat ein stärkeres Verhältnis zu meinem Papa als zu meiner Mama. Das hat sich mit der Krankheit und in den letzten Tagen vor Papas Tod geändert, denn als ich dann bei meiner Mama wohnte und wir zusammen im Schlafzimmer geschlafen haben, haben wir ganz viel vor und nach seinem Tod gesprochen und sind uns auch sehr, sehr nahe gekommen. Das war wirklich die positive Seite dieser so schrecklichen Geschichte.
Ich hatte vorher immer Angst, dass,wenn ich meinen Papa einen Tag lang nicht sehe, er vielleicht mit nicht mehr erkennt. Ich war immer schon alleine darüber glücklich, dass er mir jeden Tag noch gewunken hat. Meistens hat er sogar noch die wenigen Worte: "Hallo, mein Kind", gesagt.
Über solche einfachen Sachen kann man sich so freuen, und wenn man dann überlegt, worüber man sich manchmal so aufregt.... Selbst an seinem Todestag hat er noch morgens meinem Mann zum Abschied gewunken und gelächelt, denn mein Mann ist vor ein paar Jahren selber an Hautkrebs (maliges Melanom) erkrankt, und ist nicht bei uns geblieben, weil er diese schrecklichen Stunden nicht ertragen konnte. Ich habe das verstanden, aber ich bin so froh und dankbar, dass ich wirklich bis zuletzt seine Hand gehalten habe. Ich habe ihm auch kurz vor seinem Tod zugeflüstert, dass er sich keine Sorgen machen muß, wir (mein Bruder, mein Mann und ich) passen auf Mama auf, mein Mann auf mich (wir sind kinderlos) und die Freundin meines Bruders auf ihn und seine beiden Kindern.
Meine Mama hat dabei natürlich geweint, aber als er kurz darauf gestorben ist, hatten wir das Gefühl, dass es die Worte waren, die ihm die Sicherheit gegeben haben, dass er gehen kann, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
Heute abend ist es 3 Wochen her und gestern warenmeine Mama und ich auf dem Friedhof und haben die Blumengestecke und Kränze wieder aufgefrischt. Dort ist es so, als wenn wir ein fremdes Grab fertig machen, wir können dort nicht weinen. Vielleicht auch nicht, weil wir schon im Vorfeld so viel geweint haben, vielleicht aber auch nicht, weil wir es uns gewünscht haben, dass er stirbt. Mit seinem Tod kam seine und unsere Erleichterung, denn er hätte dieses Leben so nicht gewollt, selbst wenn er noch weiter gelebt hätte.

Sei so oft es geht, bei Deinem Papa, dann fühlst Du nachher, wahrscheinlich so wie ich, dass Du Dich nicht mit Selbstvorwürfen quälen mußt, sondern weißt, das Du immer für ihn da warst und Du spürst auch, dass er das wußte. Das ist das Schönste und Beruhigenste, was Dir in der Trauer passieren kann...
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