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Alt 30.05.2003, 05:52
Gast
 
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Standard Krankheitsverlauf bei einem Glioblastom

Hallo,
eigentlich bin ich ja total falsch in diesem Forum. Ich wollte mich eigentlich über Hautkrebs informieren, mein Vater muss deswegen am Montag ins Krankenhaus.
Nun ja irgendwie bin ich aber im benachbarten Forum gelandet, und was passiert, der erste Eintrag den ich in diesem Tread Lese, liste sich so als währe er aus meiner eigenen Lebensgeschichte. Die Letzten Stunden habe nun damit verbracht alle Beiträge zu lesen, um dabei Festzustellen das ich das alles fast haar genau so aus eigener Erfahrung kenne.
Deshalb hier meine Lebensgeschichte als Angehöriger zum Thema Hirntumor.

Vor ca. 12 Jahren (kurz vor Ostern) ist meine Mutter an einem Hirntumor (mit den genauen Fachbegriffen hatten uns die Ärzte damals verschont) erkrankt.
Aufgefallen ist es bei ihr dadurch, das sie quasi übernacht auf einmal Total Zerstreut war (Schnitzel in Salz Paniert und dann gut Verbrenn lassen) und auf mich und meine Vater einen Total zerstreuten Eindruck gemacht hat. Sie zum Hausarzt geschickt, der sie am nächsten Tag sofort ins Krankenhaus geschickt. Dort wurden mit Medikamenten binnen weniger Stunden die Synthome beseitigt. Diagnose „Hirntumor“. 3 oder 4 Tage Später OP in der Uni-Klinik Frankfurt/M. Am Tag nach der OP hat uns der dortige Arzt mitgeteilt, das sie nicht mehr alles Entfernen konnten und wir mit etwa 6 Monaten Rechnen müssen und ihr nicht sagen sollen wie Schlecht es aussieht (und das alles in weniger als 2 Minuten %#&/’*). Nach ein paar Tagen ist sie dann wieder in die Heimatklinik zur weiteren Behandlung verlegt worden.
Strahlenbehandlung und danach Chemotherapie.
In den Wochen nach der OP konnte man zusehen, wie es ihr wieder richtig gut ging. Man konnte fast anfangen daran zu glauben, das die Ärzte uns Blödsinn erzählt haben (Internet oder so was, wo man sich auf die schnelle mal informieren kann, gab es zu der zeit noch nicht).
Bis etwa sieben Monate nach der OP. In den Tagen vor ihre letzten Chemo konnte man beobachten wie sie immer mehr Probleme damit hatte zu laufen. Die Klinik beschloss daraufhin, sie nach der Chemo erst einmal dazubehalten. Von diesem Zeitpunkt an konnte man zusehen wie es jeden Tag schlechter wurde. Am Anfang eher Körperlich, aber Zusehens auch immer mehr Geistig. Z.B. Halluzinationen, sie hat oft gedacht das Tiere an der Wand Langlaufen oder im Zimmer Rumfliegen usw.. Sprachstörungen, Gedächtnisverlust (Sie hat oft nicht mal mehr unsere Namen gekannt, bzw. uns überhaupt nicht mehr erkannt. Oft war es so, das sie mitten im Satz für einige Sekunden Eingeschlafen ist, um danach auf einmal Total Klar zu sein (uns auch mit Namen ansprach) um kurz darauf nach einem Sekundenschlaf zu fragen wer wir seien und was wie hier wollen.
Eine genauere Schilderung der letzten Tage lasse ich, aus Rücksicht auf die die das noch vor sich haben, weg. Nur soviel, es kommt meiner Meinung nach der Beschreibung nahe, wenn man sagt das sich der Mensch in diesen Tagen wieder zum Säugling zurück entwickelt, solange bis nur noch das Stammhirn Funktioniert. Meine Mutter ist die letzten 24 Stunden ins Koma verfallen und nie mehr erwacht.

Ich kann aus meiner Erfahrung allen die so was durchmachen, nur Raten, macht der dem Menschen den ihr Liebt (und auch euch) die Verbleibende zeit so schön wie es nur irgendwie möglich ist (dazu gehört meiner Meinung nach auch, es dem Betroffenen nicht zu sagen - auch wenn es eine sehr schwere Entscheidung – hierüber sollte man sehr gut nachdenken bevor man sich für das eine oder andere Entscheidet und auf keinen Fall aus einer ersten Emotion heraus was erzählen – wie gesagt es ist sehr schwer !), ohne dabei auf den Kalender zuschauen und all zuviel auf die Schätzung der Ärzte zu geben – nach der OP kommt noch Einmal eine Zeit wo es bergauf geht. Wenn das letzte Stadium anbricht merkt ihr es noch früh genug. .. Und denkt auch an euch und vor allem an den Tag danach – das Loch danach kann sehr Tief sein, wenn man keinen Halt hat.

Ich hoffe ich habe euch mit meinem Lagen Text nicht zu sehr genervt, aber nach den Ereignisseen der Letzten Tage, ist die Geschichte doch ziemlich stark in mir wider hochgekommen.

Allen die so was gerade durchmachen, wüsche ich aus tiefstem Herzen, das die Statistik auch mal unrecht hat (nie die Hoffnung verlieren!) und euch nie die Kraft verläst.

Gruß Oliver
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