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Alt 02.09.2014, 13:43
Mimimini Mimimini ist offline
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Standard AW: Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Hallo HelmutL, hallo alle zusammen,
nach einigen Wochen melde ich mich wieder zu Wort. Ich habe euren Wortwechsel verfolgt und er hilft mir, meine Mutter besser zu verstehen. Sie beschreibt sich immer als "Baum, dem die Wurzel abgeschlagen wurde". Ich denke, ich brauche nicht näher auf ihr Befinden einzugehen, denn jeder, der in diesem Forum schreibt und liest, wird sie besser verstehen als ich selbst.

Ich stimme zu, dass der erste Heilungsweg natürlich von Innen kommen muss. Man muss sich mit dem Schicksal abfinden. Es akzeptieren. Das Beste daraus machen. Eben lernen, auch ohne weiterzuleben. Bei meiner Mutter wird es noch Jahre dauern bis sie einigermaßen wieder ins Leben zurückgefunden hat, wenn sie es überhaupt ganz schafft. Auf jeden Fall hat sie sich unwiderruflich verändert.

Ich fühle mich sehr hilflos. Nicht um meinetwillen, sondern um meiner Mutter willen. Ich würde ihr so gerne helfen, doch ich weiß nicht wie. Aber ich bin die einzige, die sie noch hat, da mein Bruder nichts von Gefühlen zeigen hält. Mama sagt am Telefon zu Freunden, dass wir Kinder ihr Halt geben; zu Papa sagte sie am letzten Tag immer wieder, er dürfe loslassen; "die Kinder sind stärker als du denkst". Doch ich fühle mich nicht stark. Ich ertrage es nur, weil ich mein Leben wie ein Buch handhabe. Papa tot, Kapitel zu ende, neues Kapitel. So hart es klingen mag. Aber während Mama jeden Tag weint und sich danach besser fühlt, fühle ich mich immer nur schlechter danach. Deshalb weine ich eben nicht. Nur alle paar Tage habe ich nachts Ausbrüche, was nicht weiter schlimm ist. Viel wichtiger ist mir, wie kann ich Mama helfen? Ich bin nur am Wochenende zu hause und ich freue mich jedes Mal darauf heimzufahren, aber die Stimmung kippt immer sofort, wenn ich Mama sehe.

Ich tröste sie, halte sie in den Armen und schimpfe manchmal mit ihr, wenn sie zu versinken droht. Dann sagt sie "Du hast recht", ich witzel ein bisschen rum und Mama lacht wieder...bis es in einigen Stunden von Neuem beginnt.
Es hört sich nicht so an, aber es ist besonders das, was mich psychisch kaputt macht. Aber ich tue es trotzdem, nützt ja nichts. Aber Jahre halte ich es nicht durch. Grade weil ich die einzige bin, bei der Mama sich ausweinen kann. Wenn sie doch wenigstens ihre Eltern nahe bei sich hätte. Aber ihre Mutter ist schon tot und vor ihrem Vater will sie keine Schwäche zeigen, weil sie ihn mit seinen 86 Jahren nicht aufregen will (Er lebt in Polen). Die Eltern von meinem Vater gehören nicht zur Familie (lange Geschichte). Und da stehen nun wir. Ein einsames Trio quasi.

Wo hier aber alle am zietieren sind, will ich mich nicht scheuen und nenne Euch eines meiner Lieblingszitate : "Der Tod ist ein Horizont, und ein Horizont ist nichts anderes als die Grenze unseres Sehens. Wenn wir um einen Menschen trauern, freuen sich andere, die ihn hinter dieser Grenze wiedersehen." Peter Streiff

Mögen diese Worte vielen Menschen Kraft und Halt geben.
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