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Alt 21.02.2008, 01:02
WilliamMatthew
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Standard AW: Es tut so weh, Mama!

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Zitat von Roebi Beitrag anzeigen
Hallo!
Ich bin neu hier! Meine Mutter ist am Samstag den 16.02.2008 im Alter von 60 Jahren verstorben. Einfach so, ohne mir Tschüss zu sagen.

Ich glaube, ich muss erst einmal etwas ausholen:
Meine Mutter hat praktisch meinen Sohn im Alter von 8 Wochen tagsüber zu sich genommen, damit ich wieder arbeiten gehen konnte. Dafür hat sie damals extra ihren Beruf an den Nagel gehängt. Bevor mein Sohn im August 2007 in den Kindergarten kam, fing es an. Sie hatte teilweise Atemnot oder mochte plötzlich auch kein Fleisch mehr. Sie ekelte sich förmig davor. Sie rannte von Arzt zu Arzt. Erst dachte man, es sei das Herz, doch dies war es nicht. Dann hat es lange gedauert, dass sie einen Termin bei einem Lungenarzt bekam. Der Röntge sie und vermutete eine Lungenfibrose. Damit hätten wir "ganz gut" leben können. Doch bevor die Bronchiuskopie gemacht werden konnte, sollte sie noch ein CT machen lassen. Der Radiologe stellte dann aber bei ihr Metastasen in der Lunge fest. Am 18.12.2007 kam sie ins Krankenhaus, um eine genauere Diagnose feststellen zu können. Es ging ihr nicht gut. Sie bekam schwer Luft und hin permanent am Sauerstoff. Man stellte fest, dass sie einen Tumor im Körper hätte, der aber nicht aggressiv sei. Nach Silvester machte man bei ihr eine Darmspiegelung und dort fand man das Übel. Sie kam sofort in die Uniklinik. Dort bot man ihr an, an meiner Studie teilzunehmen, was sie auch tat. Letzte Woche rief sie mich an und sagte mir, dass die Ärzte bei ihr waren, und sie voller Zuversicht seien, da die Therpie laut Tumormarker anschlagen würde. 2 Tage später war sie Tod. Tod, einfach tod. Ich habe sie nicht besuchen dürfen, da ich eine dicke Erkältung habe/hatte. Sie war ganz alleine. Hat sich leise aus dem Staub gemacht.
Ich kann es nicht begreifen.
Jetzt liegt sie eingebettet beim Bestatter und das nur 2m von mir entfernt. Ich habe sie gesehen, da war sie gerade 1/2 Stunde tod. Und damit werde ich nicht fertig. Sie sah nicht "glücklich, beruhigt oder erlöst aus". Sie hatte den Mund noch offen, als ob sie etwas sagen wollte. Dieses Bild zerreist mich noch in Stücke und ich hardere mit mir, ob ich sie mir nicht noch einmal anschauen sollte, bevor sie am Freitag ihren letzten Weg antritt.
Die ganzen Leute um mich herum versuchen einem Ratschläge zu geben, aber wie kann ich einen Ratschlag annehmen? Mein Vater leidet auch wie ein Hund, er ist gerade mal 58 Jahre alt und schon Witwer. Ich spiele z.Z. mehr oder weniger die Vernüftige von uns, aber Abends, wenn mein Sohn im Bett ist, breche ich zusammen. Sitze stundenlang am Fenster und heule . Ich kann einfach nicht begreifen, dass sie für mich jetzt nicht mehr da sein soll. Ich mit ihr nicht mehr sprechen, sie nicht mehr anfassen, riechen, kann. Es fällt mir schon heute so schwer, ihre Stimme in mein Gedächtnis zu rufen, zu wissen, wie sie noch vor 1/2 Jahr ausgesehen hat. Ich sehe nur das Bild im KH, als sie schon tod war.
Sie war doch noch viel zu jung. Meine Mutter war eigentlich eine Kämpferin, sie hat sich nie von irgend etwas unterkriegen lassen. Das ist für mich so unbegreiflich. Aber kann ich jemals davon etwas begreifen? Es fällt mir so schwer, diese Zeilen hier zu schreiben, da sie nicht wirklich die treffenden Worte dafür sind.
Am Freitag ist die Beerdigung und ich habe Angst davor. Ich habe Angst davor, irgendwann vielleicht doch wieder ins "normale" Leben zurückzufinden. Mal wieder zu lachen. Herzhaft lachen, sich über Dinge freuen.
Warum hat sie mich alleine gelassen? Sie wollte doch "ihren" Jungen aufwachsen sehen. Wir wollten noch soooo viele Dinge zusammen machen. Wie kann ich ohne meine Mutter fröhlich durchs Leben gehen? Wie? Mir kommen schon wieder die Tränen.....

Danke, dass ihr meine Zeilen gelesen habt und sie waren nicht kurz. Aber viel zu kurz um meinen Schmerz zu beschreiben!

Liebe Roebi,

hab Deine traurige Geschichte gelesen und möchte Dir auch mein Beileid aussprechen. Ich hab im November 07 meinen 47-jährigen Vater von der Diagnosestellung bis zum Tod binnen 4 Wochen verloren. Und daher ein was wichtiges: es ging schnell. Bei Deiner Mutter, bei meinem Vater.
Dieses eine Grashälmchen ist meine Stütze, hieraus ziehe ich seit 2 1/2 Monaten meine Kraft.

Dieser plötzliche Tod ist schrecklich... aber die ersparten Qualen, die diese Scheiß-Krankheit sonst noch hervorbringen kann, sind wie ein allerletzes Geschenk. Der fehlende Abschied ist etwas, was Dich verständlicherweise in ein Loch fallen lässt. Das tut mir auch unheimlich leid für dich. Unser Bestatter wollte uns den persönlichen Abschied am Sarg "förmlich aufdrücken"... wie lehnten ab, weil wir ihn in seinem Sterben begleitet hatten. Für Dich wäre es aber vielleicht doch etwas. Es muss sehr würdig sein, auf diese Weise Abschied zu nehmen. Das hab ich jetzt schon oft gehört und letztens auch einen Bericht in Spiegel TV Reportage gesehen.

Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft für die anstehende Zeit.

Geändert von WilliamMatthew (21.02.2008 um 01:07 Uhr)
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