[AndreaS]

Meine liebe Petra, liebe Nadine,

Heute schließt sich für euch der Kreis. Heute vor einem Jahr habt ihr euer Leben verloren.

Tröstende Worte wollen einem nicht einfallen, jedenfalls nicht wirklich, denn auch nach einem Jahr ist die Untröstlichkeit über den Verlust im Vordergrund.

Man misst diesem Jahrestag auf dem Trauerweg große Bedeutung zu, es heißt, wenn man erst einmal alles alleine "erlebt" hat, wird es besser. Aber wahrscheinlich spürt auch ihr, dass auch das nicht so wirklich stimmt. Man wundert sich eher darüber, dass die Welt sich tatsächlich weitergedreht hat - letztlich auch wieder für uns - und das bereits seit 12 Monaten.

Aus unseren Gesprächen weiß ich, welch besonderer Mensch Stolli ist. Ich weiß, wieviel Liebe, Verständnis und Glück er in euer Leben gebracht hat. Endlich fühlte sich der Traum vom gemeinsamen Leben richtig gut an. Das ist es, was in euren Herzen bleibt, was ihr fühlt, was ihr vermisst - dass Stolli so wunderbar ist und euch glücklich gemacht hat.

Genau das sind meine Empfindungen, wenn ich an meinen Mann denke. Vor seiner Beerdigung hatte ich all diese positiven Eigenschaften unserer Pfarrerin immer und immer wieder erzählt. Und sie hat bei der Trauerrede zu uns gesprochen und auf einmal war für einen kurzen Augenblick etwas wie Trost spürbar.

Sie sagte sinngemäß: "Sie haben erzählt, wie glücklich sie ihr Mann und Vater gemacht hat, wie sehr sie sich geliebt und verstanden gefühlt haben. Wie dankbar sie sind.

Was aber ist mit Ihnen? Sie waren die Menschen, die ihr Mann lieben durfte. Für die er da sein wollte und konnte. Die er verstanden hat. Sie haben ihm Gelegenheit gegeben, zu lieben und geliebt zu werden. Und ich bin sicher, diese Dankbarkeit kommt von ihrem Mann zu ihnen zurück, denn ohne sie, ohne seine Familie, hätte das nicht leben können, was sie heute und in Zukunft vermissen werden."

Das ist mir eingefallen, als ich an Euch gedacht habe in den letzten Tagen. Und vielleicht tröstet auch euch die Gewissheit, dass eine glückliche Beziehung, wie ihr sie gelebt habt, immer ein Geben UND Nehmen ist. Ihr habt Stolli Gelegenheit gegeben, so ein wunderbarer Mensch zu sein....

Heute wird bei mir eine Kerze mehr brennen als sonst. Ich bin in Gedanken bei euch und hoffe, ihr werdet den Tag nicht nur mit Tränen und Schmerz, sondern auch ein wenig mit Seelenfrieden und Wärme im Herz erleben.

Ich umarme euch.

Andrea