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Alt 30.03.2004, 19:47
Gast
 
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Standard Darmkrebs- Hoffnung und Verzweiflung zugleich

Liebe Sunny,
uns, bzw. meinem Mann ging es fast genauso wie dir, allerdings betraf es bei ihm die Lebermetas.
Seine behandelnden Ärzte hier in Remscheid haben ihm von Anfang an gesagt, dass seine Lebermetas inoperabel seinen und es für ihn nur eine Lebensverlängerung durch Chemo gibt. Nach vielen Recherchen meinerseits im Internet hatten wir einen Arzt gefunden, der als erster das Gegenteil sagte. Er meinte, man könne seine Lebermetas sehr wohl erfolgreich operieren. Wir haben zuerst auch himmelhochjauchzend darauf reagiert. Als die Ärzte hier in Remscheid aber wiederum sagten, diese OP wäre ein großes Risiko und ein Arzt auf die Frage meines Mannes hin, "Was habe ich denn zu verlieren", sagte, "...Ihr Leben", wurden wir auch nachdenklicher. Bevor wir zusammen mit dem Prof. gesprochen hatten, der meinen Mann operiert hat, habe ich auch Informationen über diesen Prof. eingeholt und auch erfahren, dass er ein absoluter Experte auf dem Gebiet der Leber-Chirurgie ist (auch Onkologisch). Zu dem Gespräch sind wir auch mit gemischten Gefühlen gegangen. Wir haben uns im Vorfeld oft über dieses Thema unterhalten und alle Risiken abgewägt. Wir reden von Anfang an sehr offen über das Thema Krebs und das ist gut so. Ich habe meinen Mann zu verstehen gegeben, dass ich seine Entscheidung auf jeden Fall mittrage und ihn dabei unterstütze, egal wofür er sich entscheidet. Bei dem Gespräch mit dem Prof. hat dieser uns auch gesagt, dass diese OP eine sehr schwere OP sei, bei der es auch sein kann, dass er dabei nicht wieder aufwacht. Er hat uns aber auch gesagt, dass er uns zu dieser OP nicht raten würde, wenn er keine Erfolgsaussichten sehen würde. Das würde kein seriöser Chirurg tun.
Mein Mann hatte sich für die OP entschieden. Den Tag vor der OP ging es uns beiden ziemlich mies. Wir hatten auch eine Scheißangst. Mein Mann hat sich von mir verabschiedet, als wenn er mich nie wiedersehen würde. Zwei Tage später habe ich sogar per Post einen Abschiedsbrief von ihm erhalten. Er hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, aber ich war immer davon überzeugt, dass er es schaffen würde. Ich weiß nicht warum, meine innere Stimme hat es mir gesagt. Als ich den Abschiedsbrief erhielt, war zum Glück die OP gut verlaufen. Alle Metas wurden weggeschnitten und er konnte nach zwei Wochen schon aus der Klinik entlassen werden. Zur Zeit ist er zur Anschlußheilbehandlung in Bad Neuenahr. Er hat immernoch Schmerzen, aber auch die werden vorüber gehen. Heute sind wir froh, dass wir uns für die OP entschieden haben. Wir hatten Glück, alles ist bestens gelaufen. Nach der Kur soll mein Mann allerdings auch noch vier Chemos bekommen, zur Sicherheit, falls doch noch kleine versteckte böse Zellen im Blut umherschwirren. Anfang Juni findet dann die erste Nachsorge-untersuchung statt. Wir hoffen natürlich, dass bis dahin nicht wieder was gewachsen ist. Im Moment ist er metastasenfrei.

Jetzt habe ich noch einige Fragen. Wenn du die OP nicht machst, sollst du dann direkt zwei lokale Chemos parallel bekommen, eine für das Becken und eine für die Leber ? Ich wußte noch gar nicht, dass dies geht.
Falls du die OP machen lässt, können dann nicht gleichzeitig die Metas in der Leber mit operiert werden ? Wenn nicht, vielleicht können sie später operiert werden. Sicher kannst du jetzt nicht auch schon an eine weitere OP denken, die eine ist schwerwiegend genug, aber vielleicht ist das eine weitere Hoffnung. Wenn du dich von der einen OP erholt hast, was sicher eine Weile dauern wird, dann kann man darüber vielleicht doch nachdenken. Ist auf die Dauer besser als ständig Chemo, glaube ich.

Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und sage dir, was sich keiner traut und was vielleicht auch zu vermessen von mir ist.
Wenn du diesem Prof. in Bremerhaven vertraust und er wirklich eine Kapazität ist, dann würde ich dir zu dieser OP raten. Auch wenn deine OP in meinen Ohren noch etwas schwieriger klingt, als die, meines Mannes.
Ich bin der Meinung, dass der Körper die Chemo nicht ewig verkraftet und durch die Chemo die Metastasen und Tumore, egal, wo sie sitzen, selten ganz vernichtet werden können. Die Chemo kann das Wachstum nur aufhalten, aber auch nicht ewig. Früher oder später verkraftet der Körper das ganze nicht mehr, die Metastasen wachsen wieder und man gilt als "austherapiert". Ich weiß, dass klingt schrecklich. Ich möchte dir damit auch nicht die Hoffnung nehmen. Das ist nur mein Empfinden. Vielleicht stimmt es ja auch nicht. Ich wäre dankbar, wenn mich jemand vom Gegenteil überzeugen könnte.

Entscheiden musst du dich nun ganz alleine mit deinen Angehörigen.
Egal wofür du dich entscheidest, es wird richtig sein.

Ich hoffe, dir hiermit etwas geholfen zu haben.

Ich drückt dich ganz fest und wünsche dir alles erdenklich Gute.

Biene