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Alt 01.08.2010, 13:50
teich1 teich1 ist offline
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Standard AW: Verändert sich die Psyche

Hallo,

die Psyche bzw. eine Wesenänderung ist sehr häufig die Folge dieses Gehirntumors, denn er beeinflusst viele Bereiche des Gehirns. Ich habe schon oft von Fällen gehört, wo Betroffene - die herzensgut waren - böse und aggressiv- wurden. Dieses Verhalten ist sehr schwer für Angehörige.

Mein Papa ist an einem inoperablen Glioblastom gestorben. Er hatte keine Wesensveränderungen, aber wurde immer mehr durcheinander. Während der Erkrankung hat er z.B. Sachen zu meiner Mama gesagt (also jetzt nichts Böses, er war immer lieb), die aber nicht stimmten und meine Mama hat sich darüber geärgert und immer am Anfang versucht, ihn zu verbessern. Dabei hat er mal zu mir gesagt: "Ich will Mama doch nicht ärgern. Ich weiß es doch nicht besser. Das macht diese Krankheit."

Es dauerte lange, bis Mama das auch verstand. Oft hatte meine Papa auch Krampfanfälle, die am Anfang nur kurz waren und später immer öfter kamen.
Wer nichts von der Krankheit gewusst hätte, hätte es am Anfang auch nicht gemerkt. Er sah ja ganz normal aus. Er hat es noch mit einer Chemo- und Strahlentherapie versucht, aber es war hoffnungslos - für uns aber die einzige Hoffnung. Dadurch und durch das Cortison, was er bekommen hat,
hat sich dann auch sein Aussehen verändert. Die Haare blieben an den bestrahlten Stellen weg, sein Gesicht war aufgedunsen und sah aus, wie das eines alten Mannes. Es war erschreckend und es tat so unglaublich weh, dass zu sehen...

Was ich Dir eigentlich sagen will ist, dass Dein Ex vielleicht wahnsinnge Angst hat, dass sein Sohn ansehen muss, was mit ihm geschieht, was er vielleicht nicht unter Kontrolle hat und ihm das ersparen möchte. Z.B. führte der Tumor bei meinem Papa dazu, dass er irgendwann den Urin nicht mehr halten konnte und es nicht gemerkt hat. Irgendwann ist man darauf vorbereitet - sprich: Pampas- aber ganz oft tauchen nach und nach viele Verschlechterungen auf, auf die man beim Eintreten erstmal nicht vorbereitet ist. Es ist nur schwer zu ertragen, diesen körperlichen und geistigen Verfall mit anzusehen und zu ertragen. Es ist, wie die Schwester Deines Ex sagte, ein Auf und Ab. Es gibt Tage während dieser Krankheit, da denkt man, er schafft es, alles wird gut, es sieht doch so gut aus und schon einen Tag später kann alles wieder alles sein. Mein Papa lief manchmal ganz schräg und schlecht, dann wieder normal,
er verstand z.B. keine Sachen mehr, die mit Zeiten und Datum zu tun hatten, Hochzeitstag hatte er aber nicht vergessen. Erst ist es ein Auf und Ab, zwischen Hoffnung und Verzweiflung und dann irgendwann geht auf einmal nur noch bergarb...Und manchmal leider ziemlich schnell.
Am Ende konnte er nicht mehr sprechen, nicht mehr essen -musste gefüttert werden, nicht mehr laufen, brauchte Windeln...Es tut mir leid, Dir das so offen zu sagen, aber vielleicht solltest Du Deinem Sohn schon erklären, dass der Papa sehr krank ist und viel Ruhe braucht... Kinder gehen da eigentlich sehr verständnisvoll und liebevoll mit um- wenn sie Kontakt haben - wir haben das bei meinem Nichten (damals 8 + 4 Jahre alt) mit meinem Papa (also ihrem Opa) erlebt... Als er dann gestorben ist, waren sie auch nicht ganz so geschockt...

Ich glaube, Dein Ex möchte, dass Dein Sohn ihn so in Erinnerung behält, wie er immer für ihn war. Er will ihn bestimmt nur schützen und ihm das alles ersparen...

Ich wünsche Euch, dass Ihr irgendwie Kontakt bekommt und noch die Zeit nutzen könnt, die Euch bleibt. Gerne würde ich Euch Hoffnung auf Heilung machen, aber das ist mir persönlich aus der Erfahrung von drei bekannten Fällen nicht möglich.

Alles Liebe

Petra
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In liebevoller Erinnerung
(Foto 17.09.07)
Manfred 10.07.45-07.06.08


Leise kam das Leid zu dir, trat an deine Seite,
schaute still und ernst dich an, blickte dann ins Weite.
Leise nahm es deine Hand, ist mit dir geschritten,
ließ dich niemlas wieder los, du hast viel gelitten.
Leise ging die Wanderung über Tal und Hügel,
und uns war´s, als wüchsen still deiner Seele Flügel.


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