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Alt 23.05.2005, 16:10
Gast
 
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Standard was soll ich tun

Liebe Susanne, liebe Andrea,
seit gestern geht es ihm wie ein Wunder wieder etwas besser. Aber um ganz ehrlich zu sein, er wurde ja austherapiert, wie man so schön sagt, überall Metas-am Hals, wo er bestrahlt wurde wg. Lymphmetas vor 5 Monaten hat er eine Strahlenfibrose, die schon sehr verhärtet ist und täglich kommen neue irgendwo am Körper dazu, die meisten sieht er -zum Glück- gar nicht. Was mir immer und immer wieder die Kraft gibt, ist seine Kraft und sein Willen, er dürfte wirklich schulmedizinisch nicht mehr leben. Es ist unsere Liebe , er weiß, daß ich ALLES für ihn tun würde und tue-irgendwie seltsam-selbst wenn ich alles verkaufen müßte, würde ich es tun. Die Kinder sind auch irgendwie ganz super, natürlich kommen sie zu kurz, auf eine gewisse Art, aber dann auch doch wieder nicht-habe gelernt, daß sie ihr Leben so normal wie möglich weiterleben sollen und müssen, sie sind 10 J. und 16 Jahre.
Das mit der häuslichen Versorgung, ja da bin ich reingerutscht und habe mich wie eine Besessene reingekniet und habe ihm dadurch auch schon das Leben retten können, im Krankenhaus meinen die immer, ich wäre eine Krankenschwester, ich würde jedem Angehörigen sogar einen Kurs in Erster Hilfe oder Pflegekurs im Schnellverfahren (bieten manchmal Hospizvereine an) empfehlen. Und mit Morphium kann man nicht so viel verkehrt machen, wenn man i.m. spritzt, d.h. in den Muskel, ich gebe ihm ja auch die ganzen Vitaminspritzen. Seit vier Tagen gebe ich ihm Vit. C über den Port und es geht ihm echt relativ gut seit gestern, das wirkt ja entzündungshemmend. Ich suche auch immer nach den Zusammenhängen und wie sich die Medikamente untereinander verhalten, viele Ärzte müssen ja auch erst im PC oder in der Roten Liste nachschauen, was sie geben oder wie, da wird auch nur mit Wasser gekocht, das soll nicht arrogant gemeint sein, außerdem bekam er einmal vom Prof. zwei Medikamente, die sich gegenseitig überhaupt nicht vertrugen, ich habe das den Krankenschwestern mitgeteilt und die waren dann echt dankbar, weil das so gängig war, bloß weil der Arzt was macht, ist noch lange nicht sicher, daß es auch richtig ist-habe leider in der Richtung vom Krankenhaus her nicht die besten Erfahrungen gemacht(da wurde ein Stent, der nach 4 Wochen raus hätte müssen einfach vergessen, was ihm unsägliche Schmerzen bereitete-so viel zu der Angst, was falsch machen zu können), außerdem habe ich einen ganz lieben Hausarzt, der mir aber auch immer wieder die Hoffnung nimmt; ich finde es so blöd, daß die Ärzte immer mit dieser Diagnose sagen, der stirbt bald, diesen Satz habe ich schon seit einem Jahr x-mal gehört: Ich weiß es ja, aber das bringt mir immer alles so brutal ins Gedächtnis. Außerdem glaube ich, kann keiner unsere Lieben soo gut versorgen, wie wir.
Fehler machen wir auch, und ich hatte vor meiner ersten Spritze(der Arzt stand neben mir und sagte, so jetzt genau so) sooo eine Angst. Und ich möchte nicht mehr jedes Mal in der Notaufnahme 4-8 Stunden warten müssen, außer man fährt mit Sanka, wir sind zwar privat versichert, aber ewig zahlen die auch nicht alles, und manchmal kann er gar nicht mehr mit dem Auto mitfahren.
Das mit dem Alltag ist echt schwierig, ich bin auch irgendwie anders geworden, sehr zurückgezogen und finde andere-normale halt, die nicht krank sind-sehr oberflächlich, das ist zwar nicht richtig, aber ich empfinde das halt so.
Und das mit dem Betrieb nervt mich schon sehr, habe da
im Augenblick total geschludert, da muß ich höllisch aufpassen, sonst verdiene ich bald nichts mehr, und in meiner Branche ist alles sooo eilig-komisch, wenn es dann fertig ist, wird es nicht abgeholt.
Das mit dem Alptraum-Gefühl, das kenne ich, manchmal lege ich mich hin, verkrieche mich und sage wie ein kleines Kind, laß bitte für eine Stunde wieder alles so sein, wie es war oder laß diesen Alptraum endlich vorbei sein und meinen Mann als geheilt gelten. Dann habe ich auch die Phasen, wo ich nur noch weinen könnte, will ich aber vor ihm nicht zeigen, denn dann weint er auch. Ich weiß auch ehrlich nicht, wie das alles so weitergeht, habe aber gelernt, daß man echt nur von einem Tag auf den anderen Tag leben darf, habe dann aber wieder ein schlechtes Gewissen, weil ich denke, ich bin verantwortungslos.
Jetzt habe ich schrecklich viel geschrieben, aber Ihr wißt ja das alles auch und es tut schon mal gut, darüber zu "sprechen".
Ich wünsche Euch Beiden auch gaaanz viel Kraft und da fällt mir noch ein Satz einer Freundin ein, überlege abends, was tagsüber besonders schön war und sei dafür abends dankbar und schlafe damit ein!!
Liebe Grüße
Martina H.
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