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Alt 21.12.2009, 20:02
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Kerstin26 Kerstin26 ist offline
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Ort: Plattling, Niederbayern
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo erstmal,
als ich deine Zeilen las, erkannte ich mich sehr oft wieder.
Dass was du gerade durchmachst, habe ich schon hinter mir, bzw. stecke in einer anderen Phase. Der Phase "was kommt danach".

Nach dem ganzen Leidensweg, nach dem Tod meines Vaters, ging es mir zwei Wochen gut. Ich dachte mir wirklich "hey, ich bin wirklich stark, es geht mir gar nicht schlecht".
Aber es ist einfach die ganze Last die abfällt. Es war nicht nur ein Stein, es waren ganze Geröllhaufen. Die ständige Angst vor neuen schlechten Nachrichten, den Druck der letzten 2 Jahre, die Fragen "was kommt danach"?
Die letzten Wochen konnte ich kaum schlafen - Ich bin die letzten 8 Monate heimgezogen, damit ich immer da sein konnte und helfen konnte. Und jede Nacht bin ich aufgewacht und dachte, ich hätte etwas gehört...

Danach war alles still.
Aber dann fingen bei mir die Träume an. Jede Nacht sah ich meinen Vater, teilweise träumte ich, dass er doch geheilt werden konnte, manchmal träumte ich von seinem Tod.

Ich finde es wahnsinnig toll, wie du damit umgehst - genauso habe ich es auch gemacht. Ich war auch immer diejenige, die allen "in den Hintern getreten hat", damit sich niemand gehen lässt.
Das mit dem Totenkopf-Kopftuch ist klasse!

Das Leben "danach" - hm, wie kann ich es beschreiben. Hochs und Tiefs. Auf jedenfall habe ich gelernt, mich zu zwingen, wieder aufzustehen. Ich habe Pferde, mit denen ich früher täglich was gemacht habe. Nach Papas Tod hätte ich sie am liebsten verkauft. Aber jetzt zwinge ich mich dazu, zu ihnen zu gehen und mit ihnen was zu machen - und langsam merke ich, dass es mir wieder Spaß macht.

Manchmal vereinnahmt der Schmerz deinen ganzen Alltag - und dann kann man sich einfach nur ablenken. Dinge machen, die man gerne mag, versuchen, zu entspannen.

Ich glaube auch fest dran, dass Menschen, die man liebt, im Herzen weiterleben wenn man sie nicht vergisst. Manchmal fühle ich mich Papa immer noch ganz nah. Und manchmal fehlt er so unendlich...

Aber wir können hier im Leben nur die Dinge bestmöglichst bewältigen, damit unsere Lieben, die vorausgegangen sind, auch stolz auf uns herabschauen können!
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Liebe Grüße,
Kerstin
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Papa: Diagnose Bronchialkarzinom 21.12.2007
T3N2M0
gestorben am 15.10.2009 um 11.37 Uhr
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Denn es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht und zerstört wie die Handvoll Sand, sondern als etwas, das uns vollendet.
- Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
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