Thema: es tut so weh
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Alt 30.08.2002, 10:13
Gast
 
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Standard es tut so weh

Liebe Bibi,
tja - die lieben Mitmenschen. Man bezeichnet sie z. T. auch als gute Freunde, liebe Bekannte und kann sich in Krisensituationen dann nur noch wundern.
Sie können es nicht nachvollziehen, nicht verstehen, wollen es zum Teil auch nicht.
Was ich diesbezüglich schon erlebt habe...
momentan macht es mich nur noch wütend - ich lasse es dann auch denjenigen spüren. Ich habe keine Lust, auf die Empfindlichkeit derjenigen Rücksicht zu nehmen, die mir wehtun.
Z. B. eine sog. Freundin, die ich nun seit 1989 kenne und eigentlich immer als gute Freundin bezeichnet habe. Ich nenne sie jetzt der Einfachheit P.
Habe mit P. zusammen Ausbildung gemacht, arbeite mit ihr zusammen, sehe sie jeden Tag, sie hat mit mir Geburtstage gefeiert und dadurch auch meine Schwester kennengelernt.
Ich hatte Urlaub, als meine Schwester starb. Ich schrieb P. da ich nicht in der Lage war, ihr am Telefon über den Tod meiner Schwester eine Info zu geben noch konnte ich mich mit ihr treffen (da hatte ich weder die Zeit noch die Kraft - auch war mir nicht nach Disco / Kino oä).
Auf den Brief hat sie bis heute nicht reagiert.
Meine Eltern haben ihr eine Trauerkarte geschickt. Der Kommentar war, sie stapfte in mein Büro und meinte:"Herzliches Beileid und mehr sage ich zu dem Thema nicht" und stapfte wieder heraus.
Letzte Woche habe ich eine Kollegin vertreten, ein Kunde von ihr hat Probleme gemacht und es schlug grosse Wellen - ich versuchte das Problem zumindest z. T. zu lösen.
Der Kunde wollte aber unbedingt einen Termin, da P. ebenfalls involviert war, schlug sie einen Termin vor.
Ausgerechnet der Tag der Beisetzung meiner Schwester.
Ich sagte, diesen Termin kann ich nicht wahrnehmen und sie sollte doch bitte einen anderen Terminvorschlag machen. Sie wollte nicht und sah es auch nicht ein.
Ich - blöd wie ich bin - überlegte noch, ob ich diesen Tag neben der Trauerfeier noch etwas zustande bringen würde.
Ich beschloss, dass ich diese Kraft nicht haben würde.
Schlug daher P. vor, mit einem anderen Kollegen zusammen, den ich entsprechend informiert hätte, ins Gespräch hineinzugehen. Dies lehnte sie ab. Sie verlangte, dass ich unbedingt bei dem Gespräch dabei sein sollte.
Ich nannte ihr erneut meine Gründe, warum ich bei dem Termin nicht dabei sein konnte.
Sie wollte / konnte es nicht verstehen und reagierte sehr sauer. Maulte ...
Ich nahm am Dienstag (Tag der Trauerfeier) sowie am Mittwoch Urlaub.
Sie redet nicht mehr mit mir.
Es ist mir aber auch egal.
Sie war meine Freundin! Trotzdem tut es weh ...

Ich bin überzeugt davon, dass unsere Lieben wussten, dass sie gehen müssen.
Meine Schwester hat diesbezüglich zwar nie etwas anklingen lassen, aber ich denke, sie wusste es und wollte es nur nicht sagen, damit sie uns nicht weht tut. Sie hat gewartet, bis meine Tante (unsere Lieblingstante)und bis mein Vater da waren und nach seinem Besuch hat sie dann auch die Augen geschlossen.
Liebe Bibi, dir alles Gute und vor allem Kraft und Stärke in den traurigen, dunklen Tagen.

Liebe Tina S.,
du fragtest mich nach der Trauerfeier.
Ich hatte so einen Bammel.
Aber es wurde sehr schön und viele der Trauergäste rufen mich immer noch an und sagen, wie schön es gewesen sei.
Bereits im Vorfeld gab es Probleme. Ich wollte einen Pfarrer dabei haben - aber dies war zunächst ein grosses Problem.
Der in Köln wollte nicht - zu weit, der in Koblenz - den ich von früher sehr schätzte, fühlte sich ebenfalls nicht in der Lage und der in Frankfurt, meinte, sie sei nicht in der Kirche, daher könnte er nichts tun.
Ich war schon fast am verzweifeln.
Was ich auf keinen Fall wollte, war einer von den Zeugen Jehovas oder einen aus der freien Kirche (jeder hat da wohl eine andere Einstellung - mir waren sie nicht sympathisch, aber dies ist meine persönliche Einstellung).
Mit meiner ältesten Schwester und auch mit dem Lebensgefährten waren wir schon so weit, zu sagen, dann ziehen wir es allein durch.
Bis ich die Idee hatte...
Vor einigen Wochen hatte ich in einer Talkshow Bruder Paulus gesehen und ihn bezüglich seiner freien, liberalen Ansichten sehr bewundert.
Auch durch das Internet (www.bruderpaulus.de) schätze ich ihn. Er ist ein Freigeist und setzt sich vor allem für die Obdachlosen ein. Bewundernswert!!! Auch kommentiert er die Schlagzeilen der Bildzeitung. Es ist sehr interessant.
Da er in einem Kloster in Frankfurt tätig ist, nahm ich allen Mut zusammen und vereinbarte einen Termin.
Das erste Treffen war ein sehr tränenreiches. Ich - die eigentlich dachte sie sei relativ gefestigt (zumindest nach aussen hin)- heulte Rotz und Wasser (machte meinem Namen als Heuler alle Ehre). Er war sehr verständnisvoll und durch mein Gestammel und mein Geheul, entnahm er was ich eigentlich von ihm wollte.
Er war wirklich sehr sehr lieb.
Er sagte zu! Am Montag hatte ich dann noch einen Termin. Es war ein sehr schönes, friedvolles Gespräch. Er hatte tolle Ideen.
Meine älteste Schwester hatte mit der Organistin vereinbart, was gespielt werden sollte (Bach "Furioso" und Sinatra "My way"), hatte Leis (hawaiinische Blumenketten) und eine Saxophonspielerin (diese spielte am Grab) organisiert.
Die Blumenketten lagen auf den Stühlen und die Trauergäste nahmen sie sich. Hielten sie in den Händen oder legten sie sich um den Hals oder um die Stuhllehne.
Bruder Paulus hielt dann die Ansprache - es war einfach toll.
So traurig der Anlass war...
meine Schwester hätte es gefallen. Der Lebensgefährte sprach, las ein Nachwort vom Arbeitgeber vor und
meine älteste Schwester hielt dann noch eine wunderbare Rede und auch die Lieblingstante meiner Schwester.
Ich hatte ja auch vor, ein Gedicht vorzulesen. Aber Bruder Paulus meinte, da ich keine Frau des Wortes sei sondern der Bilder sollte ich doch lieber eine besonders schöne Grabbeigabe machen.
Das Gedicht sowie ein Lieblingsfoto meiner Schwester, dass ich aufgenommen habe, sind jetzt mit dabei.
Am Grab war es auch sehr schön. Es sah wunderbar aus, die bunten Ketten aus Blumen, Zeichen der Hoffnung, Zeichen des Lebens, Zeichen der Wiederauferstehung und des Abschiedes.
Natürlich habe ich geheult - ich konnte mich leider nicht zusammenreißen, auch wenn jemand die von mir verlangte.
Mir war sehr schlecht und am anschliessend Trauermahl nahm ich zwar teil, habe aber keinen Bissen heruntergebracht.
Alles in allem - es war sehr sehr schön und sehr sehr traurig.
Ein positives hat es. Nach langen Jahren des Schweigens sprechen meine Mutter und deren Schwester wieder miteinander.
Sie sind zur Trauerfeier gekommen - niemand hätte es gedacht.
So hat das ganze wenigstens ein bisschen was positives gehabt.
Liebes Kaninchen - ich drück dich ganz doll...

Liebe Petra S.
auch ich würde mich freuen, wenn du weiterhin am Forum teilnimmst.

So - euch allen alles Liebe und Kraft und Stärke

Lisa - die Robbe
die eine Bitte hat, normalerweise bin ich selbst gegen Spendenaufrufe und ähnliches.
Nach dem ich aber gesehen habe, wie sinnvoll, Bruder Paulus die Spenden einsetzt, bitte ich euch, mal zu überlegen, ob ihr nicht auch etwas tun möchtet, damit es den Obdachlosen besser geht.
Früher dachte ich immer, die Leute sind selbst daran schuld. Ja - vielleicht. Aber es gibt auch viele Schicksale, die von aussen verursacht wurden und die nichts dafür können. Hat man keine Wohnung bekommt man keinen Job usw.
es ist eine Teufelsspirale und eins ist sicher, sie alle brauchen unsere Hilfe.
Falls es euch interessiert, schaut doch ganz einfach auf der Internetseite nach (www.bruderpaulus.de) und schon jetzt bedanke ich mich für die tatkräftige Unterstützung.
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