Thema: Reden
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Alt 29.10.2003, 23:59
Gast
 
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Standard Reden

Hallo Angie,

sehr gut verstehe ich (41) was in dir vorgeht, welche Sorgen du dir um deinen Vater machst.
Aber als selbst Betroffene (Eierstockkrebs mit Metas in der Leber) verstehe ich auch was in deinem Vater vorgeht bzw. was in ihm vorgehen könnte .

Als ich meine Diagnose im Januar 2002 bekam waren meine Gedanken nicht bei mir selbst und was mir bevorsteht, sondern ich habe mich nur geschämt was ich da meinen nächsten Verwandten meinem Mann, meinem Sohn (16) und meinen Eltern antue, das sie sich so um mich sorgen müssen. Ich habe inzwischen mit vielen Krebskranken gesprochen und viele von ihnen hatten die gleichen Gedankengänge wie ich. Vielleicht geht es deinem Vater ebenso und er will euch nicht noch mehr belasten. Auch ich habe große Schwierigkeiten mit meinen Lieben über meine Krankheit zu sprechen und deren vermutliches Ende (was noch lange dauern möge !!!)
Mit guten Freundinnen und Mitpatientinnen habe ich keine Probleme. Mein Mann z.B. liest mir jeden Wunsch von den Augen ab, fragt mich aber nie nach erfolgten Behandlungen oder Aussichten.
Ich merke, daß er Angst hat sonst seine Hoffnung zu verlieren. Meine Eltern (beide 75 Jahre) sind auch so voller Hoffnung und warten nur darauf das ich meine Chemo beende, zur Kur fahre und dann wieder gesund bin. Aber ich werde nicht mehr zur Kur fahren und werde bis zu meinem Lebensende Chemo brauchen. Soll ich ihnen das alles sagen und sie jetzt schon verzweifeln lassen ?

Das du deinem Vater so sehr helfen willst finde ich toll von dir, aber überfordere ihn nicht und vor allem denk bitte daran, dein Vater ist krebskrank aber weder ist er senil noch ist er ein kleines Kind das nun plötzlich bevormundet werden muß. Schön das ihr ihm soviel Vorschläge macht, was er machen könnte (Naturmedizin, Misteltherapie usw.)aber mal ehrlich, glaubt ihr nicht das ihr ihn damit verwirrt ? Soll er auf euch hören oder seinen Arzt vertrauen ? Soll er alles auf einmal machen ?

Entschuldige bitte, wenn sich das vielleicht hart anhört, denn wie gesagt ich denke das du dies alles nur tust weil du das Beste für deinen Vater willst. Ich kann dir nur empfehlen deinem Vater gegenüber über deine Gefühle und deine Angst zu sprechen und ihn zu bitten das du mit seinem Arzt ein Gespräch führen darfst, aber vermittle ihm nicht das Gefühl das du ihm "die Zügel aus der Hand nehmen" willst.

Viele Männer haben Probleme über ihre Gefühle zu sprechen. Wahrscheinlich war auch dein Vater immer der große Beschützer usw. in der Familie.
Vielleicht hat er nun Probleme damit, nicht mehr alles alleine tun zu können und auf Hilfe angewiesen zu sein. Er ist euch bestimmt dankbar, nur sagen kann er es wahrscheinlich nicht. Aber lieben tut er euch bestimmt, denn man meckert nur die an, bei denen man weiß das sie einem verzeihen.

Ich hoffe, du bist mir nun nicht böse. Aber das alles fiel mir spontan zu den Mails ein. Ich dacht das ihr auch mal die andere Seite, (Betroffene) lesen solltet.

Alles Liebe und bleib stark

Anja

PS.: Und gönne deinem Vater ruhig mal ein Bier, er wird es von selbst lassen wenn es ihm nicht bekommt. Ich mußte diese Erfahrung leider mit meinem geliebten Kaffee machen, seufz .
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