Thema: gentest
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Alt 04.12.2002, 00:01
Gast
 
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Standard gentest

Hi Elke,
ich bin Brustkrebspatientin und komme aus der Schweiz. (Das nützt Dir jetzt vielleicht nicht besonders viel, weil Du ja in Deutschland Deine Facharbeit schreibst, gell?)
Aber ich will Dir trotzdem ein paar meiner Gedanken dazu aufschreiben.

Meine Mutter hatte vor fünfzehn Jahren Leukämie, mein Onkel ist kürzlich an Lungenkrebs gestorben, und jetzt bin ich "an der Reihe" mit Brustkrebs. Ich habe noch zwei weitere entfernte Cousinen, welche ebenfalls Brustkrebs haben.
Trotzdem kommt bei uns in der übrigen Familie gar niemand auf den Gedanken, nun einen Gen-Test machen zu lassen. Warum nicht?
Nun, erstens sind diese Tests bei uns in der Schweiz gar nicht so aktuell. (Vielleicht sind sie auch gar noch nicht so sicher?)
Und zweitens denke ich, ist es wohl auch eine Frage der eigenen Bewältigung. Denn jeder muss sich selber fragen: WILL ich es wissen? Und was fange ich dann mit diesem Wissen an? Kann ich noch zufrieden mit diesem Wissen leben?
Die Angst vor diesem Krebs ist oftmals viel schlimmer!
Vielleicht braucht ja der eine oder andere Mensch dieses Wissen, diese "Sicherheit". Aber das Gen in sich zu tragen, bedeutet ja nicht, dass der Krebs dann auch irgendwann ausbricht, nicht wahr?
Gut, das Risiko steigt vielleicht. Was kann man dann also dagegen tun?
Sich gesund ernähren, nicht rauchen, viel Bewegung, usw.? Regelmässige Arztkontrollen?
Vielleicht hilft es. Vielleicht hilft es aber auch nichts! - Oder weisst DU, woher der Krebs kommt? Sicher nicht NUR aus den Genen, oder?

Weisst Du, wenn schon mehrere Krebsfälle in der Familie sind, dann hast Du eh schon Angst und Bammel und hoffst, dass es vielleicht nicht auch noch DICH erwischt. Das dann aber auch noch Schwarz-auf-weiss vor sich liegen zu haben, ... wie zum "Beweis", dass Du diesen ollen Krebs zu soundsoviel Prozent AUCH kriegen kannst ..., macht Dein zukünftiges Leben auch nicht gerade fröhlicher!

Aber es ist Ansichtssache, finde ich. Und eben auch eine Sache der eigenen Bewältigung.
Meine Schwester hat jetzt beispielsweise erfahren, dass sie - wegen mir jetzt - zu 3% ein höheres Risiko für Brustkrebs hat. Das weiss sie aber auch ohne Gen-Test. Sie hat Höllenängste durchgestanden, als sie MEINE Diagnose erfuhr, und sie ist sofort zum Arzt gerannt und hat sich selber untersuchen lassen.
Bei ihr ist alles okay. Im Moment jedenfalls. Was in zehn oder zwanzig Jahren sein wird, weiss sie ja auch nicht. - Würde es ihr etwas helfen, wenn sie nun wüsste, sie hätte ein Brustkrebs-Gen in sich?

Naja. Ist ja eigentlich ein gutes Thema, Elke. Ein gutes Thema für eine Facharbeit.
Aber weisst Du, was ein noch besseres Thema wäre? Darf ich Dir das als Krebspatientin sagen? Ja?
Also da hätte ich gleich die spontane und dringende Idee:
Ursachenforschung des Krebses! - Hm?
Oder das Thema: "Wie gehe ich mit einem Krebspatienten um?" (Weisst Du, wie viele Leute sich von Krebspatienten zurückziehen? Weil sie selber nicht damit klarkommen?)
Oder ein Thema über Sozialstudien von Menschen mit Krebs. (Da käme man auf erstaunliche, himmelschreiende Ergebnisse, wetten? - Oder weisst Du bereits, was Krebspatienten je nach dem alles durchmachen müssen?)

Na, nimm's mir nicht übel, ich bin manchmal ein bisschen krass. Ich sehe als Krebspatientin die Probleme wahrscheinlich an ganz anderen Stellen, als bloss in der Frage nach den Gen-Tests.

Trotzdem: Viel Glück und Erfolg bei Deiner Arbeit, gell?

Alles Gute und liebe Grüsse
von der "krassen" Brigitte
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