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Alt 13.01.2005, 12:32
Gast
 
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Standard Bin schockiert, mein Vater hat BSDK

Hallo Veri

Ja, das ist eine ganz grauenvolle Situation, die erste Zeit ist furchtbar. Das mit jemand reden wollen, das kann ich gut verstehen. Aber ich habe festgestellt, dass das nicht einfach ist. Ich hatte nach der Erkrankung meines Schwiegervaters einen ähnlichen Part wie Du. Ich war diejenige, die Infos eingeholt und Ratschläge gegeben hat, der Rest der Familie neigt eher zur Vogel-Strauß-Taktik.

Ich habe versucht, mit anderen zu sprechen, aber das ist sehr schwierig. Einige Menschen reagieren mit sowas wie Schreckstarre ("ist das furchtbar, ich kenne auch jemand, der nach 6 Wochen gestorben ist, war ganz schrecklich, wie der verfallen ist"), die kann man nur in Panik versetzen, Dialog oder Infos erhalten ist nicht möglich.
Einige meinen es gut, haben das Wort "Krebs" auch schon mal gehört und fangen dann an, von Heilung ("kenne jemand, der hatte auch Krebs und lebt immer noch"), fragwürdigen Methoden ("ich habe da ein Buch über Krebsernährung") oder ähnlichem zu berichten.
Ganz viele erweisen sich als völlig oberflächlich ("ja, wirklich schlimm. Was machst Du denn nächstes Wochenende?"), da stand ich nur fassungslos davor und habe es nicht nochmal erwähnt. Kann übrigens zu einer völlig neuen Bewertung des Bekanntenkreises führen.

Was für mich wirklich hilfreich war und ist, das ist dieses Board. Ich glaube, niemand, der diese Situation nicht im näheren Umfeld erlebt hat, kann sich eine Vorstellung machen, was BSDK wirklich bedeutet. Ich würde Dir empfehlen, hier regelmäßig mitzulesen und auch zu posten. Du bekommst nicht nur Informationen über Behandlungen, Nebenwirkungen, Medikamente, weitere "Hilfsmittel", sondern auch darüber, wie andere - Betroffenen und Angehörige - mit der Krankheit umgehen, was auftreten kann. In Eurer Familie muß es einen geben, bei dem alle Infos zusammenlaufen, der nachfragen kann, der auch mal mit den Ärzten sprechen kann, der auf dem Laufenden bleibt. Das kann der Patient selbst sein (siehe Wolfgang), aber das ist sehr schwer. Das kann wahrscheinlich nicht Deine Mutter sein. Es könnte der Hausarzt sein, wenn Ihr denn einen habt, der diesen Namen wirklich verdient. Ich nehme allerdings an, dass Du für diesen Job am geeignesten bist.

Wenn Du es machst, dann ein ganz dringender Rat: Du bist nicht Gott. Deine Grenzen sind eng gesteckt. Du kannst Deinem Vater z.B. raten, eine Chemotherapie mit Gemzar zu machen - ob das Mittel aber anschlägt, darauf hast Du keinen Einfluß. Egal was Du tust, Dein Vater kann trotzdem Schmerzen haben, der Tumor kann trotzdem weiterwachsen, Dein Vater kann trotzdem sterben. Aber wenn Dein Vater sich nur auf irgendwelche Krankenhausärzte oder Onkologen verlassen muß, um Informationen zu bekommen, um optimal behandelt zu werden, um Nebenwirkungen im Griff zu behalten, dann tut mir Dein Vater noch mehr Leid als jetzt schon.

Ich wünsche Dir viel Kraft, die wirst Du brauchen
Ingrid
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