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Alt 29.05.2009, 14:50
Taddl Taddl ist offline
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Registriert seit: 22.06.2008
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Standard AW: Was ein be****scheidenes Jahr 2008

Als ich eben deine Geschichte laß, musste ich erst einmal schlucken und überlegen, was und wie ich dir anworte.

Dieses Gefühl, wenn die Mutter einen nicht in den Arm nimmt, kenne ich. Bei mir zu Hause war das genauso. Deshalb empfindet meine Mutter meine Trauerbewältigung auch als lästig, sie ist es nicht gewohnt Gefühle zu zeigen. Sie sagt immer, sag doch nicht immer, so war es als Gert (mein Stiefvater) krank war. Sie kann es nicht nachvollziehen, dass ich reden muss und will.
Als mein Vater starb sagte die Ärztin zu ihr: "Sie und ihr Mann haben nicht viel über Gefühle geredet." Deshalb brauchte sie erst mal ein Mittel gegen ihre Depressionen, weil sie nie Gefühle zugelassen hat.

Ich kenne es auch, wenn eine Mutter nur "ihre Ruhe" habe will, jedoch nicht von meiner Mutter, aber von mir. Ich habe meine 1. Tocher (sie ist jetzt 22) mit 19 Jahren bekommen und wollte auch immer nur meine Ruhe. Ich war zu jung und unerfahren und es war viel zu früh ein Kind zu bekommen.

Ich weiss nicht, wie alt deine Mutter war, aber ich glaube es ist ein Generationen-Problem. "Ältere" Menschen (meine Mutter ist jetzt 63) können keine Gefühle zulassen und es ist normal für sie, das die Kinder so nebenherlaufen und alleine funktionieren. Als sie klein waren, war es genauso. Da hatte man keine Zeit für Kinder, wie es heute ist.
Wir machen uns heute Gedanken wie es unseren Kinder geht, was sie empfinden, ob sie Gefühlsmässig alles schaffen und räumen ihnen sehr viel Mitspracherecht innerhalb der Familie ein. Das alles gab es bei uns nicht (also zumindestenst nicht bei mir).

Ich finde es stark von dir, dass du trotz deiner Erfahrung die du gemacht hast, bist zum Schluss bei deiner Mama warst. Du wolltest ihr auch ermöglichen zu Hause zu sterben. Du hast dir nichts vorzuwerfen. Das war eine Leistung, von der ich mir nicht sicher bin, ob ich es geschafft hätte.

Ich bedanke mich bei dir, das du deine Geschichte erzählt hast. Und damit bin ich dir auch dankbar, dass du mich dazu animiert hast ins Hinterblieben-Formum zu wechslen.

Ich hoffe, wir können hier noch Gespräche führen, in denen wir das eine oder andere aufarbeiten, einfach indem wir darüber sprechen, was irgendwann schief gelaufen ist.

LG Deine Taddl
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In unserer Sanduhr fällt das letzte Korn,
ich hab gewonnen und hab ebenso verlorn'.
Jedoch missen möcht ich nichts,
alles bleibt unser gedanklicher Besitz.



Mein (Stief) Papa:
27.10.1948 - 08.10.2008
BSDK-Diagnose im April 08
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