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Alt 14.10.2005, 13:24
sanne2 sanne2 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

Hallo Siri,
ich verstehe Deine Ängste und Gedanken und kann sie genau nachvollziehen ,da wir vor zwei Jahren genau das gleiche durchmachen mussten. Deine Gedanken waren auch meine, oder sind sie auch heute noch, nur in abgeschwächter Form. Sei bei Deiner Mutter, zeige ihr das Du sie liebst und gönne Dir trotzdem eine Auszeit! So wie Du es jetzt handhabst wird es schon richtig sein. Dein Gefühl lenkt Dich, höre darauf!
Meine Mutter bekam im Juli 03 die Diagnose Lungenkrebs, schon weit fortgeschritten. Sie hatte den gleichen Werdegang wie Deine Mutter hinter sich. Langes Unwohlsein, starke Gewichtsabnahme. Es ging über Monate so, nur fiel es uns leider zu spät auf. Meine Mutter ließ sich ständig von ihrer Hausärztin "abwimmeln" , oder die Ärztin stellte telefonische Ferndiagnosen.
Irgendwann rief mich mein Vater an, ich möchte doch endlich mal etwas unternehmen, meiner Mutter würde es immer schlechter gehen.
Daraufhin "erzwang" ich meiner Mutter einen Termin bei ihrer Hausärztin und dann ging alles seinen Gang.
Im Okt. 03 bekam mein Mann die Diagnose Weichteilkrebs und da brach meine Welt endgültig zusammen. Neben meiner Arbeit und meinen beiden pupertierenden Kindern pendelte ich von Krankenhaus zu Krankenhaus. Nachts konnte ich nicht schlafen, an essen war überhaupt nicht zu denken, ich funktionierte einfach nur noch. Diese Zeit war einfach grausam und verfolgt mich bis heute. Meine Mutter und mein Mann bekamen zur selben Zeit Chemo, trafen sich in der Praxis. Beiden ging es zeitweise sehr schlecht.
Meiner Mutter ging es mit der Zeit immer schlechter, baute körperlich zunehmend ab, lag viel im Krankenhaus. Es ging mir wie Dir! War ich bei ihr, fühlte ich mich gut, musste ich wieder los, ging es mir schlecht.
Meine Mutter hat bis zum Schluss an ihre Heilung geglaubt und alles an Therapien mitgemacht wozu die Ärzte ihr rieten. Gegen ihre Angstzustände besorgte ich ihr Tavor( gibt es sublingual, legt man unter die Zunge), später verschrieben es ihr die Ärzte. Ihr Zugrundegehen war schrecklich mitanzusehen. Auch sie war zeitweise verwirrt, konnte nicht mehr essen.
Einen Tag nach ihrem Geburtstag stürzte sie zu Hause, schleppte sich noch in`s Bett und erwachte nicht mehr. Im Krankenhaus machten die Ärzte ein Kopf CT und stellten fest, das Tumorzellen den Abfluss des Hirnwassers behinderten. Meine Mutter lag bereits im sterben, trotzdem boten die Ärzte eine Not OP an, sagten aber gleich, das wenig Aussicht auf Besserung bestünde. Ohne es mit meinem Vater oder Bruder zu besprechen entschied ich mich gegen eine OP. Meine Mutter sollte in Ruhe und in Würde sterben!!
Wir waren alle bei ihr, als sie uns verließ. Wir haben alle, bis auf meinen Mann,Abschied von ihr genommen. Sie ist ganz ruhig eingeschlafen.
Trotzdem verfolgt mich diese Zeit bis heute. Meine Mutter fehlt mir. Manchmal greife ich jetzt noch nach dem Telefonhörer um ihr etwas zu erzählen. Siri, ich kann Dich wirklich sehr gut verstehen. Es ist zur Zeit ein Alptraum für Dich und es bleibt leider auch noch eine gewisse Zeit.
Du wirst diese Zeit niemals vergessen, aber glaube mir, der Schmerz wird etwas weniger oder man lernt einfach damit umzugehen.
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für die Zukunft!
Liebe Grüße!
Sanne
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