Einzelnen Beitrag anzeigen
  #7  
Alt 10.11.2008, 09:48
Tochter1980 Tochter1980 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.04.2008
Beiträge: 89
Standard AW: Wie lange dauert das Begreifen?

Hallo,

ich danke Euch für die vielen lieben Worte. Keine Ahnung wie ich es jeden Morgen schaffe aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. ich liege lange wach und wache früh auf. Sie und mein Papa sind meine letzten Gedanken wenn ich einschlafe und die Ersten wenn ich wieder aufwache.
War am Wochende wieder bei meinem Papa, eigentlich wie fast jeden Tag. Wenn ich bei meinen Eltern bin fühle ich mich ihr nah. In Ihrem Haus, sie ist überall und das hilft. Manchmal ist es noch so als wenn sie nur oben in ihrem Bett liegt und uns zuhört wie wir unten reden. Ich weiß, dass hat sie geliebt, das Leben in ihrem Haus. Leider hat ihr Gesundheitszustand es nicht zugelassen das sie lange mit uns unten sitzen konnte. Aber wir sind immer hochgegangen und wenn es nur war um ihr einen Kuss zu geben und zu sagen, dass wir sie lieb haben. Auch am Wochende habe ich mich wieder dabei ertappt wie ich auf dem Weg in ihr Zimmer war um ein bisschen mit ihr zu reden und bei ihr zu sein. Doch war nur noch ihr leeres Bett da, in das ich mich hineingelegt habe.

Ich habe Angst um meinen Papa. Das er es nicht verkraftet und daran zerbricht. Ich würde am liebsten immer bei ihm sein, aber ich weiß, dass ich das nicht kann und darf. Meine Eltern haben sich mit 17 Jahren kennengelernt und mein Papa hat so um meine Mama gekämpft. Er kann heute noch nicht glauben, dass sie ihn genommen hat und ist so stolz darauf. Meine Eltern haben sich geliebt und tun es immer noch.

Mama war unsere Stütze, auf sie konnten wir uns verlassen. Sie war immer da wenn wir sie brauchten. Sie hat uns bedingungslos geliebt und immer wieder aufgefangen, wenn es uns schlecht ging. Sie hat uns nie aufgegeben und an uns geglaubt, egal was wir getan haben. Sie war immer da.
Sie ist unsere geliebte Mama und Ehefrau.

Sie fehlt überall. Mit ihr ist alles so einfach gewesen und jetzt...?

@Ela: Danke für die lieben Worte und ein stiller Gruß an Deine Mama. Ich verdränge es nicht, aber ich kann es nicht an mich ranlassen. Es ist genauso wie mit der Krankheit. Ich wusste alles darüber und habe abgeschaltet um Mut machen zu können. Jetzt muss ich abschalten um Trost geben zu können.

@Leuchtfeuer: Mein aufrichtiges Mitgefühl. Ich weine so viel, wenn ich alleine bin. Ich habe gestern mal meine Post abgelegt und hatte plötzlich ein Foto in der Hand wo Mama und ich drauf sind, bei unserem letzten Urlaub. Da konnte ich nicht mehr. Es ist in Ordnung wenn man sich darauf vorbereiten kann sie zu sehen, wenn man selber entscheiden kann ob man sich Fotos anschauen will oder nicht. Aber gestern, das unerwartete hat mich niedergehauen. Wenn ich bei meinem Papa die Post hole und dort Kataloge an Mama adressiert sind, schmeiß ich die gleich weg, damit Papa sie nicht sieht. Es ist schlimm genug das er ihre Post öffnen muss, da brauch er nicht auch noch die Nebensächlichkeiten, die ihm unendlich weh tun zu ertragen.

@Ronnya: Auch Dir möchte ich mein Beileid ausprechen. Meine kleine Cousine hatte mir etwas sehr schönes gesagt, welches ich mit stolz tragen und präsentieren werde. Ihr müsst wissen, meine kleine Cousine ist nicht meine leibliche Cousine, sie ist das Pflegekind von meiner Tante und meinem Onkel. Sie hat ihre Mutter vor neun Jahren an einem Gehirntumor verloren und kam mit elf Jahren zu uns, weil meine Tante und ihre Mutter eng befreundet waren und ihr Vater sie nicht wollte. Auf jeden Fall sagte sie zu mir, das mein Bruder und ich nie vergessen dürften, dass sie uns weiterlebt. Sie hat uns unsere Namen gegeben, sie hat uns zu dem gemacht was wir sind. Wir sind die Hälfte von ihr und solange wir diese Werte und Lebensweise weitergeben ist sie nicht tot. Es hat mir sehr weh getan, aber auch getröstet und meine kleine Cousine hat Recht. Mein Bruder und ich, wir sind unsere Mama und auch in Papa hat sie sehr viel von sich hinerlassen.

Ich bin nicht gläubig. Ich bin, wie man so schön sagt, Haide. Aber ich glaube ganz fest daran, dass der Tod nicht das Ende ist. Mein Freund sagte mal zu mir, wenn man stirbt ist man um die 22 Gramm leichter. Denn das ist das Gewicht der Seele, die den Körper verlassen hat. Ob es hilft? Ich weiß es nicht, aber es ist ein schöner Gedanke.

Auch Du hast etwas mit meiner Mama gemeinsam. Euren Namen

@Dani: Mein tiefstempfundenes Beileid. Du trauerst ja nur vier Tage länger als ich. Und Euer Verlauf ist mit dem unseren übereinstimmend. Auch wir haben nie die Hoffnung aufgegeben und auch die Ärzte haben uns gesagt, das es zwar nicht heilbar ist, ihr aber noch Jahre bleiben könnten. Wir haben sie mit dem Notarzt in das Krankenhaus gebracht und so lange geblieben bis sie auf Station kam. Wir haben uns ganz normal von ihr verabscheidet und sie hat uns noch gesagt was wir ihr alles am nächsten Tag mitbringen sollen. Wir haben noch gelacht, weil sie eine Bürste haben wollte, obwohl sie keine Haare mehr hatte. Und dann kam in den frühen Morgenstunden der allesvernichtende Anruf.
Mein Kopf weiß das es gut war so. Denn er behandelnde Arzt von Mama hätte sie spätestens jetzt ins Krankenhaus einweisen lassen müssen und dann wäre die Intensivstation gekommen mit Schläuchen und Morphium. Davor hatte Mama am meisten Angst. Von fremden Menschen abhängig sein zu müssen, die sie pflegen. Es wäre ein dahinsiechen gewesen und der Arzt hat ihr das Jahresende nicht mehr zugestanden. Daher weiß mein Kopf dass es richtig war, aber versuch das mal meinem Herzen zu erklären, das geht nicht. Das tut einfach nur weh und weint ununterbrochen. Es schreit: "Komm zurück! Wir hatten nicht genug Zeit. Es fehlen noch mindestens 20 Jahre."
Wir trösten uns damit das ihr das Martyrium erspart geblieben ist und sie in Würde sterben durfte. Bis zum Schluss konnte sie alles alleine machen und war auf keinen Fremden angewiesen.

@Manu: Ich übersende Dir aufrichtige Anteilnahme. Wenn ich Deinen Nick richtig interpretiere bist Du nur ein Jahr jünger als ich. Wahrscheinlich auch noch die große Schwester, sowie ich? Wir haben nie über den Tod gesprochen, weil wir nicht mit ihm gerechnet haben. Wir wussten das die Krankheit nicht heilbar ist, aber waren uns sicher, dass wir noch ein paar Jahre haben. Doch dies wurde uns nicht vergönnt und viel zu plötzlich kam der Tod.
Auch bei uns fehlt sie überall. Sie hat uns zusammengehalten und war der Dreh- und Angelpunkt der Familie. Alles lief bei ihr zusammen und immer wieder war es Mama.
sie hat uns bis zum Schluss beschützt und Mut gemacht. Sie hat nicht geklagt wie schlecht es ihr ging, sondern immer gesagt, weint nicht um mich, das zerreist mir das Herz. Sie hat sich auch während ihrer Krankheit mehr Sorgen um uns gemacht als um sich. Sie hat es uns leicht gemacht, mit der Krankheit. Sie hat sich und uns Mut gemacht, so das wir wieder hoffen konnten und ihr Kraft geben. Sie ist so stark und unbezwingbar gewesen. Ich bin so stolz auf sie und darauf, das ich ihre Tochter bin. Das kann mir keiner nehmen, niemals.

Danke für die offenen Augen und das ihr mir geschrieben habt.

Lieben Gruß
Susi
__________________
In Erinnerung an unsere geliebte und starke Frau und Mama
*28.02.1958 +18.10.2008
Mit Zitat antworten