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Alt 11.09.2002, 12:18
Gast
 
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Standard Angst und Neid

Lieber Frank,

ich habe so etwas Ähnliches auch erlebt mit dem Neid im Familien-/Bekanntenkreis, als mein Vater an Krebs erkrankte. Jeder wollte der Wichtigste sein, wusste bald besser Bescheid als die Ärzte (ohne Hintergrundinfo!). Furchtbar. Anstatt dass sich die Menschen ZUSAMMEN tun in der Not...

Ich habe es genauso gemacht wie Du, habe alle verfügbaren Informationen gesammelt aus dem Internet, aus Büchern, herumtelefoniert etc. Ich hatte niemanden, der da hinter mir stand oder mich gar dabei unterstützte. Sie wollten nicht mal etwas davon hören! Da bin ich echt vom Glauben abgefallen.
Ich hatte gehofft, dass wir uns gegenseitig helfen, jeder über seine Informationen, die er hat, erzählt, die Familie gemeinsam beratschlagt. Statt dessen wurde untereinander gestritten. Jeder hatte seine "Meinung" aber kaum WISSEN.
Vielleicht gehen SO manche Leute mit ihrer Hilflosigkeit um (denn IM GRUNDE haben alle Angst und wollen natürlich, dass es gut ausgeht), geben sogar noch dem Kranken die Schuld, weil es einfach nicht sein darf, dass es keine Erklärung gibt...

Ich hätte meinem Vater zwar im Alleingang alles erzählen können, aber ich wollte ihn ja auch nicht zu sehr belasten mit den ganzen Infos über Krebs. Ich glaube nicht, dass ein Betroffener selber diese ganzen Dinge verkraftet und sich damit wirklich auseinander setzen kann, vor allem, wenn es so schlimm ist. So habe ich nur hier und da etwas fallen gelassen und ihm angeboten, ihm jederzeit zu helfen, etwas in Erfahrung zu bringen etc.. Dazu blieb nicht mehr viel Zeit. Mein Vater ist leider verstorben (er hatte eine andere, sehr dramatische Krebsform).
Daher kann ich nur sagen: Mach' weiter so, es IST es wert, Mut zu machen, Du bist auf dem richtigen Weg, und Du KANNST wenigstens etwas für Deinen Bruder tun und tust es! Das ist ganz toll (nein, ich weiß - es ist selbstverständlich...), und er braucht Euch und ist sicher erleichtert, dass IHR da seid. Vielleicht muss er sich ein dickes Fell anschaffen gegen die anderen, das Erfolgreichste wäre sicher, ER wäre in der Lage, ihnen zu sagen, dass sie sich da bitte ein wenig zurück halten mögen und dass er/Ihr schon sagen werdet, wenn ihr IHRE Hilfe braucht.
Aus eigenen Erfahrungen kann ich bestätigen, dass auch Ärzte solche Verwandten/Bekannten gar nicht gerne sehen. Da muss man ggf., notfalls unter ärztlicher Mithilfe, massiv gegensteuern -
denn es geht um das Wohl Deines Bruder, nicht um IHR "Leid"! -
auch, dass SOLCHE Besuche unterbleiben (ich hoffe, der Arzt hat Deinem Bruder nochmal gesagt, dass Dein anderer Bruder da übertrieben hat mit seinem "klärenden Gespräch" und nicht weiß, wovon er redet...). Leider kann jeder ins KKH rennen und besuchen, wen er will. Ist es nicht furchtbar, dass Menschen, die schon so belastet sind durch ihre Krankheit sich auch noch mit so etwas auseinander setzen müssen??

Oh, und wie gut kenne ich diese "MIR geht es auch nicht gut - ich habe ja solche Halsschmerzen"-Typen (erinnerst Du Dich, Brigitte? ;-)). Einfach ignorieren! Mehr kann man nicht tun - und fern halten von Rene!! Solche Leute hinterlassen bei mir einen bleibenden Eindruck, das können sie auch nie wieder gut machen (wie auch, dazu müssten sie ja ihr Wesen ändern).

Kann man nur hoffen, dass nicht mal einer der lieben Verwandten in die gleiche Lage gerät und auf Hilfe angewiesen ist (ob sie dann auch noch so "klug" wären?)...

Also - HAB' Mut, leg' Dich notfalls auch mit der gesamten Verwandtschaft an. Ich würde Einiges anders machen, könnte ich die Zeit zurückdrehen, ich wäre ganz sicher nicht mehr so lieb (vor allem zu Menschen, die selber nur an SICH denken)!! Mein "Trost" (haha) ist nur, dass wahrscheinlich niemand meinem Vater helfen konnte, weil es aussichtslos war. Trotzdem ist es furchtbar, so passiv gewesen sein zu müssen und so gebremst worden zu sein, aber wenigstens von meinen Recherchen konnte mich keiner abbringen, worüber ich jetzt froh bin (und wenigstens ein bisschen mehr Bescheid wusste, eben auch, dass es nicht viel Hoffnung gab)!

Die Idee mit der Wohnung ist gut!
Geh' auf Deinem Weg weiter, Du wirst es nicht bereuen,
ALLES zu tun, Deinen Bruder nicht allein zu lassen. Du, Deine Frau nebst Sonnenschein & Ma seid doch auch eine kleine Familie für Deinen Bruder!

Alles Gute für Euch und vor allem für Rene
Tina
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