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Alt 25.06.2010, 02:20
moonchild moonchild ist offline
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Registriert seit: 24.06.2010
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Standard AW: wieviel ehrlichkeit ist richtig?

hallo und erstmal vielen dank für alle Eure antworten!

ich habe mich heute morgen schon sehr darüber gefreut und auch im laufe des tages immer wieder gelesen

heute hatte ich immer wieder ein echtes problem mit schuldgefühlen und immer noch ziemliche angst, dass ich es ihm nicht hätte sagen sollen.

dann hat mich seine frau gegen mittag angerufen und mir gesagt dass es mit dem KH platz zum glück geklappt hat und er jetzt dort ist. sie meinte dass sie meine meinung nicht teilen würde und es besser fände die ganze zeit so zu tun, als ob "das schon werden würde". dann meinte sie aber dass mein vater ihr gesagt hat dass er es so gut findet und hat dann gesagt dass "wenn ihr (also mein vater und ich) so seid, es ja unsere sache und in ordnung wäre", auch wenn sie das anders sehen würde.

später haben wir dann nochmal telefoniert, als sie nochmal bei ihm gewesen war und dann hat sie mir gesagt dass er sie explizit nach dem status vom primärtumor gefragt hätte, sie aber angst gehabt hätte ihm die wahrheit zu sagen und lieber gesagt hat, dass sie es nicht wüsste und dass ich ja nochmal mit dem arzt telefonieren könne und den fragen.

in wirklichkeit hatte ich mit ihm ja schon darüber gesprochen und wusste dass der tumor offenbar nicht, bzw. kaum auf die radiochemotherapie angesprochen hat. ich hatte das meinem vater gegenüber nicht gesagt, weil die inhalte unseres gespräches und die prognose meiner meinung nach erstmal genug waren.
ihr hatte ich das aber im ersten telefonat am mittag gesagt, so dass sie es eigentlich wusste, als er sie gefragt hat.
jetzt werden wir sehen, wie wir das machen - auf jeden fall meinte sie auch, dass sie es falsch fände ihn anzulügen (das sehe ich auch so).


ansonsten haben sich meine schuldgefühle zum glück etwas gelegt. ich denke dass es so ist, dass die reaktionen, die nach so einer diagnose kommen sicher vor allem unterbewußt gesteuert werden. sicherlich kann sich niemand sofort, oder nach ein paar tagen einfach mit der tatsache abfinden, dass er sterben wird, wie sollte man das auch, es ist einfach unbegreiflich sowas gesagt zu bekommen (so stelle ich mir das jedenfalls vor).

ich denke dass in der nächsten zeit viele verschiedene phasen ablaufen werden und dass verdrängung sicher eine ist, die am anfang oder auch lange ganz normal ist.

jetzt, wo mein vater die tragweite der diagnose kennt, werde ich versuchen so gut wie ich es kann auf seine "signale", also wie er das ganze bewertet, was er noch fragt, wie er das ganze sehen will eingehen und ihn dabei unterstützen.

ich sehe das so dass er es jetzt weiss und auf seine art verarbeiten kann und dass ich diese art respektieren muss und möchte.

es war mir nur sehr wichtig, dass er es weiss, weil es sich möglicherweise wirklich nicht um monate handeln wird, sondern ganz real auch um einen viel kürzeren zeitraum gehen kann (vielleicht nur ein paar wochen, im schlimmsten fall auch kürzer).

morgen werde ich versuchen mich so gut wie möglich zu erholen und am samstag kann ich ihn dann endlich besuchen gehen (er möchte sich erstmal im KH eingewöhnen).

die entscheidung ihm das zu sagen und die damit verbundenen gefühle bei mir sind immer noch sehr schwer - aber mittlerweile denke ich auch dass ich meine rolle da nicht so überbewerten sollte, weil der prozess damit irgendwie umzugehen der jetzt kommt, von ganz anderen dingen bestimmt wird.

das habe ich heute auch bei mir selbst gesehen - es war ganz verrückt: ich konnte mir auf einmal wirklich nicht mehr vorstellen dass die diagnose real ist und was das bedeutet. klar wusste ich immer noch vom verstand und vom medizinischen her, dass es so ist und habe auch seinen befund nochmal gelesen - aber ich konnte mein gefühl und diese erkenntnis einfach nicht mehr verbinden.

das ist wohl die verdrängung bei mir und wieviel stärker muss das bei ihm jetzt sein!

ich kann mir garnicht vorstellen, was jetzt alles in ihm ablaufen muss. wahrscheinlich ist das meiste davon aber wirklich unterbewußt und hat seine ganz eigene zeit und dynamik.

ich möchte gerne lernen und verstehen, was jetzt für ihn wichtig ist und mich damit möglichst viel beschäftigen.

aber wirklich absehen, was jetzt auf uns zukommt, kann ich einfach nicht.
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