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Alt 29.07.2003, 16:41
Gast
 
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Standard mein papa ,ein tapferer mensch

Hallo Tina, hallo Andrea,

bisher habe ich hier im Forum nur mitgelesen, aber ich fühle mich von euren Geschichten so sehr angesprochen, das ich auch den Mut finde, etwas zu schreiben, vielleicht in der Hoffnung, das mir das hilft.

Am 09.07.03 ist mein Vater an LK gestorben. Im Oktober letzten Jahres hat er die Diagnose erhalten und bis Februar diesen Jahres ging es ihm noch relativ gut. Leider hat er die Chemo nicht mehr vertragen, diese musste abgesetzt werden und die Chemo, die er danach bekam hat nicht mehr angeschlagen. Das Ergebnis, das die Chemo nicht angeschlagen hat, erhielt er an meinem Geburtstag. Daraufhin wurde geplant, das er noch einmal eine leichtere Chemo bekommen sollte (allerdings wenn, dann nur auf eigenen Wunsch), die Chance, das diese noch hilft, lag aber nur bei 10 - 20 %. Mein Vater klammerte sich an jeden Strohhalm, wie er sagte, und wollte es trotzdem noch versuchen.

Eine Woche später mussten wir ihn ins Krankenhaus bringen, da die Nadel an seinem Port verstopft war und gewechselt werden musste. Im Krankenhaus sagte man meiner Mutter, dass man keine Chemo mehr machen könnte, das Blutbild hätte sich in einer Woche erschreckend verschlechtert. Man könnte ihm nur noch die Schmerzen nehmen.

Im Krankenhaus war zuerst kein Bett frei und man wollte ihn auf den Gang(!) legen, da sagte meine Mutter, dass sie Ihn dann wieder mitnehmen würde. Aber er wollte nicht, er sagte, jetzt bleibe ich hier. Ich bin mir sicher, dass er es geahnt hat.

Meine Schwester ist abends nochmals hingefahren, hat sich mit ihm unterhalten und er hat sich im Bett noch aufgesetzt. Sie sagte ihm, dass sie morgen wiederkommen würde.

Wir haben dann abends noch telefoniert (ich wohne 180 km von meinen Eltern entfernt) und sie sagte mir, wie es um ihn steht, aber das er für diese schlimmen Nachrichten einen nicht so furchtbaren Eindruck gemacht hatte (ich finde dafür einfach nicht die richtigen Worte). Wir und auch die Ärzte gingen davon aus, dass ihm noch etwas Zeit bliebe.

In dieser Nacht um 20 vor 4 erhielt meine Mutter den Anruf, das mein Vater soeben verstorben sei.

Es starb im Alter von 63 Jahren, ohne einen einzigen Tag seiner Rente geniessen zu können.

Die zwei Wochen nach dem Tod meines Vaters liegen sehr im Nebel, ich hatte das Gefühl, mein kopf ist komplett in Watte gepackt. Ich habe zwar immer wieder weinen können, aber dann gab es wieder Momente, da dachte ich, er ist im Krankenhaus und ich fahre gleich hin...

Im Augenblick beginne ich zu begreifen, das er fort ist, nicht mehr hier, nicht mehr bei mir. Ich vermisse ihn so sehr...

Mein Vater hat gekämpft bis zum letzten Tag, er hat fest geglaubt, das er weiterlebt. Und er hat nie gejammert, er hat immer gesagt: Wenn jemand fragt, wie es mir geht, dann sag, mir gehts gut, ich bin zufrieden.

Alles, was ich heute bin, bin ich durch ihn und meine Mutter, und dafür bin ich ihm unendlich dankbar und ich bin sehr stolz, dass dieser Mann mein Vater war!

An manchen Tagen ist es leichter, manchmal fast unerträglich.

Das einzige, was mich aufrecht hält und was mir Mut macht, jeden Tag aufzustehen und irgendwie weiterzumachen ist meine feste Überzeugung, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, das mit dem Tod nicht alles zu Ende ist.

Vieles, was ich im Forum gelesen habe, hat mir Mut gemacht, manches hat mich auch sehr bedrückt. Vor allem, wie oft man sich in den Gefühlen der anderen wiederfindet, obwohl man doch immer das Gefühl hat, mit seinem Schmerz allein zu sein.

Das Leben geht weiter, aber anders.

In diesem Sinne...ich wünsch euch alles, alles Gute und fühlt euch gedrückt!

Eure Alex
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