[Bianca-Alexandra]

Liebes,

leider kann ich natürlich nur das lesen, was Du schreibst und was ich zwischen den Zeilen zu sehen meine. Ist es wirklich schon so weit, dass Du Dich mit dem Abschied nehmen auseinander setzen musst? BIST DU SICHER?

Ich weiß nicht, wie es bei Euch steht und ob die Ärzte Euch schon klare Ansagen machen konnten. Ich kann Dir nur aus meiner Erfahrung etwas erzählen. Meine Mom hat ja auch den Kleinzeller, darauf gehe ich aber hier nicht näher ein. Mein Vater hatte mit 36 Lymphknotenkrebs. Weil man per Standard nicht weiterkam und er jung und in guter Verfassung war, startete die experimentelle Therapie.

Liebe, was ich Dir erzählen will ist folgendes: Mein Vater ist auf seinem Motorad alleine nach Heidelberg zur Klinik gefahren. Dort ging es ihm dann ganz beschissen. Die Therapie konnte nicht vorgenommen werden wie geplant. Er bekam Morphium etc. Er landete auf der Intensiv, von der Schleimhautablösung, den Schwierigkeiten, das Morphium wieder aus dem Körper zu kriegen, den Wachträumen und den zeitweise nicht ansprechbaren Momenten einmal abgesehen war er sehr schwach.

Dann -plötzlich ging es ihm besser. Abends hatte er die Schnauze voll, hat sich die Infusionsschläuche selbst gezogen und IST AUF SEINEM MOTORAD ZU UNS NACHHAUSE GEFAHREN!

Was ich damit meine ist, dass ich es sehr gut finde, wie offen und früh ihr Euch mit dem Tod auseinander setzt. Aber vielleicht, nur vielleicht liegt ihr Zustand im Moment an der Behandlung und es gibt noch etwas mehr von der schönen Zeit für Euch.

Auch das Verhältnis zwischen meiner Mom und mir war nicht das BEste. Das letzte Jahr hat uns sehr viel gelehrt. Wir sind dankbar dafür. Meine Mutter auch, da bin ich sicher. Das ist fast eine Chance, denn normalerweise weiß man nicht, wann man gehen muss. Eine Chance, sich ungeschminkt gegenüber zu stehen und sich zu zeigen, wie lieb man sich hat.

Und vielleicht, nur vielleicht wendet sich das Blatt. Gib nicht zu früh auf. Sei wachsam, aber wirf die Flinte nicht vor Deiner MOm ins Korn.