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Alt 21.08.2018, 15:19
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Joanna_Daria Joanna_Daria ist offline
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Registriert seit: 21.08.2018
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Standard AW: Profil: Angehörige stellen sich vor...

Ich heiße Joanna, bin 38 und wohnhaft in Hamburg. Mein Vater bekam vor wenigen Wochen die Diagnose nicht-kleinzelliges, stark fortgeschrittenes Bronchialkarzinom mit fünf Zerebralmetastasen.

Die erste Prognose: Ohne Palliativbehandlung höchstens drei Monate, nach weiteren Untersuchungen und der Konsultation einer ambulanten Onkologieopraxis gibt es etwas Hoffnung auf mehr Zeit bei guter Lebensqualität: Die Zerebralmetastasen werden momentan bestrahlt (30 Gray gesamtes Gehirn, 51 Gray die fünf Herde), für die Lunge sind Chemo, Immuntherapie, Bestrahlung und eine zielgerichtete, DNA-basierte Therapie (??) geplant, haben aber noch nicht angefangen, weil die Befunde der Lungen-Zytologie noch ausstehen (hatte keine Ahnung, dass das so lange dauern kann)

Momentan geht es meinem Vater miserabel, der Krebs schreitet rapide voran -- so scheint es. Er wiegt nur noch 54 kg bei 1,70m, hat ausgeprägte Kachexie, hustet neuerdings Blut, fiebert, ist sehr schwach auf den Beinen, es geht ihm von Tag zu Tag schlechter. Ich hoffe, die Therapie hat überhaupt noch eine Chance zu greifen.

Ich selbst gehe mit der Situation offensiv und fast schon aktionistisch um, da ich keine andere Wahl habe-- meine Eltern sind auf meine ständige praktische Hilfe angewiesen. Da ihre Deutschkenntnisse (polnischstämmig) eher unzureichend sind, übernehme ich sämtliche Telefonate, regele alle Formalitäten, koordiniere die ärztliche Betreuung etc. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der Sozialphobie meiner Mutter meine Eltern über die letzten Jahre alle Freundschaften und Bekanntschaften gekappt haben und ich die einzige Bezugsperson bin (der Rest der Familie lebt in Polen). Kurz: Alle Stricke laufen bei mir zusammen und ich fühle mich zeitweise überlastet, ja versklavt, fremdbestimmt, nur im Dienste der Krebserkrankung unterwegs. Vermutlich ist das normal, ein schlechtes Gewissen habe ich trotzdem: Denn letzlich ist es das Einzige, was ich meinem Vater noch geben kann.

So viel zu mir und der Erkrankung meines Vaters. Ich hoffe, mich in den Schilderungen und Erfahrungen der Angehörigen hier im Forum wiederzufinden. Es hilft schon, zu sehen, dass man in der Situation nicht allen auf der Welt ist. Es gibt (leider!) so viele Betroffene. Viele liebe Grüße

Geändert von Joanna_Daria (21.08.2018 um 15:26 Uhr)
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