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Alt 14.05.2003, 13:11
Gast
 
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Standard Wie kann ich meiner Mutter helfen?

Liebe Kerstin,
im vergangenen Sommer ist mein Vater tödlich verunglückt. Meine Mutter war verdammt tapfer und hat versucht, uns ihre Verzweiflung nicht allzu sehr spüren zu lassen, aber ich weiß, in ihr muss es furchtbar ausgesehen haben. Ganz besonders, als drei Monate später auch noch ihr Brustkrebs wieder ausbrach. Wenn ich darüber nachdenke, wie sie sich gefühlt haben muss - allein in unserem Elternhaus (mein Bruder lebt 300 km entfernt, ich in der gleichen Stadt, aber in meiner eigenen Wohnung), mit der Trauer um meinen Vater und der Angst vor ihrem eigenen Tod oder den Schmerzen, dann wird es mir ganz übel! Im März ist sie gestorben, nachdem die Anlage eines Hals-Venen-Katheters für die Chemo schief gegangen ist, und sie ins Koma gefallen ist. Drei Wochen lag sie ohne Bewußtsein da, bevor sie gestorben ist.
Was ich Dir aber eigentlich sagen wollte: Ich glaube, das Einzige, was Du wirklich für Deine Mutter tun kannst, ist, ihr das Gefühl zu geben, dass Du zu ihr hälst. Dass Du sie stützt, wenn sie Hilfe braucht. Sag Ihr das auch! Wir hatten ein etwas schwieriges Verhältnis, konnten schlecht über Dinge reden, die uns wirklich nahe gingen. Aber als ihre Krankheit wieder ausbrach, da habe ich ihr ganz deutlich gesagt, dass sie jetzt die wichtigste Person ist, dass sie sich nicht darum sorgen soll, wie mein Bruder und ich damit klarkommen. Und dass sie mich jederzeit um alles bitten kann. Das hat sie, glaube ich, etwas beruhigt und ihr geholfen. Oft ist es für Eltern schwer, von ihren Kindern Hilfe anzunehmen. Sie wollen diejenigen sein, die stützen, nicht umgekehrt.
Außerdem solltest Du Deine Mutter nicht zu Unternehmungen zwingen, aber ruhig immer wieder etwas vorschlagen. Irgendwann wird sie darauf eingehen, wenn ihr danach ist.
Eine Kur ist auf jeden Fall eine gute Idee. Meine Mutter ist immer viel mit meinem Vater zusammen verreist, aber alleine wollte sie nicht fahren. Nur als der Arzt die Kur vorschlug, da hat sie eingewilligt, weil da ja alle Leute alleine hinfahren und man sich um sie kümmert. Leider hat sie die Kur nicht mehr antreten können, weil ihr Zustand sich so verschlechtert hat.
Wenn Du regelmäßig Kontakt zu Deiner Mutter hast und sie besuchst, dann solltest Du eigentlich kein schlechtes Gewissen haben. Man kann nicht sein eigenes Leben völlig aufgeben. Und so hast Du Deiner Mutter doch viel mehr zu erzählen, wenn Du dann zu ihr kommst. Wichtig ist nur, dass sie weiss, dass Du da bist, wenn sie Dich wirklich braucht!
Ich hoffe, das hat Dir etwas weitergeholfen.

Lieben Gruß,
Tina
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