[marjana]

Lieber Benjamin, liebe kleine Schwester von Martina,

Ich hoffe, daß Ihr, die ganze Familie bei ihr sein könnt in dieser schweren Zeit. Ich mußte damals meinen Mann ins Hospiz geben, weil ich nicht 24 Stunden am Tag für ihn bereit sein konnte. Es tat weh, sehr weh, weil man doch so stark sein möchte. Es gibt leider ein völlig falsches Bild von diesen Einrichtungen, die hier in Frankreich übrigens Häuser der palliativen Medizin genannt werden. Dort gibt es – in der Regel – ein geschultes Personal und das auch noch mehr als in normalen Krankenhäusern.

Ich kann wenig sagen, jeder Fall ist anders, aber versucht so viel wie möglich bei ihr zu sein. Es wird nicht nur ihr helfen, sondern Euch auch ! Manche Hospize ermöglichen es Angehörigen dort auch zu schlafen. Die Nächte sind das Schlimmste für die Kranken, da kommen die Ängste meist massiv, und wenn dann jemand da ist, der nicht nur als Krankenschwester sie in den Arm nimmt … es wird eine schwere Erfahrung von jedem von Euch, der es wagt und aufgrund seiner Situation kann, aber es wird eine Erfahrung, wenngleich eine traurige, die Euch bereichert… es ist kein Allgemeinplatz, wenn ich sage, daß es mir viel gegeben hat, diese schweren Stunden mit meinem Mann zusammen zu sein. Nimm sie in Deine Arme, gib keinen falschen Trost. Sie weiß. Sie würde keine noch so lieb gemeinten Notlügen wollen.

Sie ist stark und sie wird Euch, selbst wenn sie im letzten Moment doch Ängste haben sollte, Euch etwas geben, was Ihr nie missen werden wollt.

Ich kenne Euch nicht, aber ich versuche Euch Kraft zu geben. Die Liebe, die Deine Schwester, Deine Mutter ausgestrahlt hat, ist allgegenwärtig, sie stirbt nicht. Diese Liebe wird Dich begleiten in Deinem Leben.

Ihr habt schon viel Mut bewiesen mit Den kleinen Briefen. Ich wünsche Euch noch ganz viel davon.

Marjana