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Alt 20.10.2010, 21:38
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Karolinchen Karolinchen ist offline
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Registriert seit: 21.08.2010
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Standard AW: Irgendwann sehen wir uns wieder, Papa! Ich hoffe Du kannst mich von irgendwo sehe

Ich glaube nicht... Bin bisher ja auch sehr gut klargekommen, jedenfalls oberflächlich.

Das einzige was mich massiv stört sind die Angstzustände die ich nicht kontrollieren kann und weswegen ich nicht allein sein kann über Nacht, weil sie von allein irgendwann kommen und ich bekomme die Panik nicht gebändigt, obwohl ich ja eigentlich ein sehr rationaler und "cooler" Typ Mensch bin, der in Notsituationen den klaren Kopf behält, aber diese Ängste kommen und gehen wie sie wollen und ich kann sie mir nicht ausreden. Ich weiss auch nicht warum sie da sind und was sie mir sagen wollen. Ich habe dann wenn ich zu lange allein bin Beklemmungsgefühle, als wäre ich eingeengt und könnte nicht atmen, kann nicht schlafen etc. und wenn ich schlafe, dann bekomme ich oft so schlimme Albträume, dass ich nicht mehr einschlafen kann oder mich nicht traue - das nervt schon sehr. Es zermürbt mich, ich bin oft schlecht gelaunt und verwirrt, ich vergesse immernoch sehr viel und habe Sprachaussetzer ab und an... Vielleicht sollte ich doch mal selbst zum Arzt gehen, das habe ich auch lange aufgeschoben weil es wichtigeres gab, aber jetzt gibt es ja nur noch mich selbst sozusagen. Mama ist ja gesund, da muss ich mich nicht sorgen.

Ich fühle mich etwas zurückgeworfen in der Zeit, weil ich mich fühle wie ein Kind was nicht ohne die Eltern wohnen kann - ich habe eigentlich eine eigene Wohnung, habe sie aber noch nicht bewohnt weil ich mich nicht überwinden kann dort allein mit meinem Hund zu sein. Jedesmal wenn ich dort einziehen wollte, hat mich die Panik überkommen, obwohl ich ja schon oft allein gewohnt habe. Ich habe also nicht bewußt Angst. Habe sogar öfter gedacht wie toll es wäre wieder allein zu wohnen in der eigenen Wohnung. Aber nun bekomme ich es nicht hin, ich halte den Zustand des Alleinseins nicht aus. Ich versuche verzweifelt dann alle in meinem Telefonbuch stehenden Verwandten und Bekannten anzurufen damit die Zeit vergeht oder sich vielleicht auch mal jemand anbietet mich zu besuchen. So kommt übermorgen meine Tante zu mir und schläft bei mir damit ich nicht allein bin...

Ich habe die letzten Tage viel mit einer Ärztin gesprochen, und sie fragte mich was mich am Ärzteberuf so fasziniert, warum ich das werden möchte. Ich konnte sehr viel dazu sagen, denn ich möchte nicht nur alles verstehen oder begreifen, nein, ich will gerne dafür sorgen, dass zumindest "meine" Patienten und deren Angehörige eine respektvolle und vernünftige Behandlung voller Offenheit und Aufklärung erfahren, und auch Hoffnung. Ich will Menschen helfen, eine schwere Zeit möglichst gut zu schaffen, sei es mit dem Ziel der Gesundung oder der Sterbebegleitung. Ich möchte dass es den Menschen so gut geht wie es möglich ist, und dass einem nicht irgendwelche Möglichkeiten unterschlagen werden. Ich möchte helfen, Krankheiten so rechtzeitig zu erkennen dass man auch noch helfen KANN, ich möchte mich auch sehr gern ehrenamtlich dann engagieren, für arme Menschen oder für Menschen die sich nicht zum Arzt trauen. Ich könnte noch so viel weiterschreiben, ich möchte einfach nur unbedingt Arzt werden! Ich bereue mein schlechtes Abi, aber ich will alles tun um es irgendwie doch noch zu schaffen. Ich denke ich habe meine Berufung gefunden, nachdem ich wirklich jahrelang recht ziellos durchs Leben gegangen bin und hier und da eben was studiert habe, was sich anbot, aber nicht was mir wirklich gefiel. Ich habe immer von einem Tag in den anderen gelebt und geschaut was das SChicksal mir bereitlegt - habe nie geplant oder auf etwas hingearbeitet. Das ist ja auch grundsätzlich nicht verkehrt, aber nun will ich etwas wirklich erreichen, was ein langfristiges Ziel wäre. Mein erstes wirklich langfristiges Ziel, ich hatte noch nie eins. Als hätte ich geahnt dass man dafür keine Zeit hat, dass man jeden Tag nehmen muss wie er kommt. Aber nun ist die schwere Zeit vorbei, nun kann ich wieder planen. Vielleicht hat das Schicksal mir so zeigen wollen wofür ich bestimmt bin. Bisher habe ich WIRKLICH nicht gewußt was aus mir mal werden soll. Klar, ich habe schon einen Bachelor of Science in Internationalem Management (englisch und Dänisch), und ich habe auch in einem Jahr noch einen Bachelortitel im Wirtschaftsingenieurwesen und einen Mastertitel im Management (studiere 2 Sachen gleichzeitig gerade) - aber das ist nicht was ich wollte, das ist was für mich gerade da war. Das war mein Weg, aber nun habe ich ein Ziel. Ich hoffe ich darf es noch erreichen, auch wenn ich es sehr spät erkannt habe. Ich bin auch sehr traurig, dass ich es Papa nicht mehr sagen konnte was ich gerne werden möchte, und dass ich nicht weiß was er davon gehalten hätte

Bisher habe ich halt immer die Türen genommen, die sich mir gerade öffneten und dachte das Leben wird es schon gut mit mir meinen. Papa war darüber auch oft am Scherzen, manchmal war er auch etwas böse darüber dass ich so ziellos und chaotisch bin und 1000 Dinge gleichzeitig anfange und teilweise nicht beende. Vielleicht wäre er jetzt stolz wenn ich es schaffen kann etwas zu Ende zu bringen was mich auch noch erfreut
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Papa (20.12.1949-03.10.2010) -
die Zeit die ich mit Dir haben durfte war schön, ich wünschte Du hättest mehr davon gehabt - ich hoffe es geht Dir besser da wo Du jetzt bist! Und ich hoffe Du kannst mich von irgendwo noch sehen und an meinem Leben teilhaben, wenn Deins schon so plötzlich enden musste .

Geändert von Karolinchen (20.10.2010 um 21:41 Uhr)
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