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Alt 11.10.2010, 13:44
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GreenEye1972 GreenEye1972 ist offline
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Standard AW: Tabuthema??? Depressionen, Tablettenabhängikeit und jetzt auch noch Krebs

Liebe Monika,

ich danke Dir, dass Du den Mut hattest mir zu schreiben! Ich hab wirklich lange überlegt, ob ich das Thema hier eröffnen soll, kommt es mir doch so vor, als ob ich die einzige auf der Welt bin, die sich mit solchen Problemen rum schlägt. Anhand der Hits sehe ich, dass Interesse an diesem Thema besteht und ich hoffe weiterhin, dass die Interessierten und die Betroffenen den Mut haben sich hier zu melden.

Was die Tabletten anbelangt, so weiss ich, dass damals einfach anderes verschrieben wurde als heute. In über 30 Jahren hat man Fortschritte gemacht in der Medizin und in Sachen Medikamente. Es war so - Sie hat die Tabletten gebraucht und Sie haben Ihr auch geholfen. Schlimm ist nur, dass keiner in all der Zeit geschafft hat, Sie zum "Umkehren" zu bewegen. Was haben die Ärzte geschimpft mit Ihr, jedesmal wenn Sie im Krankenhaus war, gab es Galama, die Krankenkasse hat sich auch mal eingeschalten .... und dennoch, meine Mutter hatte alles abgewiesen - aus Angst vor dem Entzug. Jetzt ist es so, man kann heute nichts mehr dran ändern. Die Dosis ist von den Ärzten abgesegnet .... und meine Mama glücklich mit Ihren Tabletten.

Was mit meiner Mama wirklich los ist, weiss ich erst, seit mein Vater nicht mehr lebt. Die beiden hatten so viel Streit und ich hab immer nur den Kopf geschüttelt und nicht verstanden, was bei den Beiden abging. Heute weiss ich, dass mein Vater ein schweres Los mit meiner Mama hatte. Auch mein Vater hat Sie immer wieder bekniet sich helfen zu lassen, alles erfolglos. Mein Vater hat sich oft einfach ins Auto gesetzt und ist "abgehauen", hat tagelang kein Wort mit meiner Mutter gesprochen, nur das allernötigste. Heute weiss ich, dass Er gar nicht anders konnte. Für Mama waren auch diese Verhaltensmuster wieder ein Grund ein Tablettchen mehr zu nehmen. So schaukelte sich alles hoch und nun bin ich mit meiner Mama allein.

Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Dinge fallen mir ein, Dinge die sich in all den über 30 Jahren zugetragen haben und meine Wut steigert sich teilweise ins unermäßliche. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich um meine Mutter Angst gehabt habe, Angst das Sie stirbt. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft Sie gestürzt ist, weil Sie wieder mal mit Tabletten und Schmerztropfen so zugedröhnt war, dass Sie nicht mehr gerade aus laufen konnte. Wie oft hab ich Sie etwas gefragt oder Ihr erzählt und Sie wusste es am nächsten Tag nicht mehr .... hat steif und fest behauptet, ich hätte Ihr nix erzählt. Der ganze Ärger bei meinen Eltern, der Ärger und die Angst in der Familie .... es kam alles nur von den Tabletten und Depressionen. Alle haben unter Ihr gelitten. Ich trage so viel Wut in mir, kann ich doch meinem Vater nicht mehr sagen, wie Leid es mir tut, dass ich Ihn oft zu Unrecht veruteilte, weil Er sich Mama gegenüber so "daneben" benommen hat. Mein armer Paps!

Durch die ganzen Depressionen, die Tabletten die dagegen helfen sollen und wiederrum neue Depressionen verursachen, denke ich oft, dass meine Mama gar nicht mehr meine Mama ist. Wenn ich nicht das tue, was Sie von mir erwartet, fängt Sie an blöde Andeutungen zu machen (so hinten übers Knie ins Auge) .... wenn ich mich dann wehre, sagt Sie "du verträgst keinen Spass". Ich hab das Gefühl, dass Sie mich in Ihrer Hand hält und bei Bedarf zudrückt, weil Sie weiss, dass ich "fast alles" für Sie tue. Anders herum legt Sie Ihr Leben in meine Hand - weil ich Ihr wohl das Leben versüßen soll. Seit Vater nicht mehr ist, hab ich mich bis auf 2 Wochen jeden Tag um Sie gekümmert, außer ich musste arbeiten oder ich hatte mal ne Erkältung. Wenn ich jetzt mal NEIN sage, ist Sie der Meinung, dass mein Mann dahinter steckt ..... weil ich hab ja sonst immer alles für Sie getan.

Wir, mein Mann und ich haben für meine Mama Federn gelassen ohne Ende, weil Mama bei mir immer vorne stand, jetzt können wir zusehen, dass uns unsere Ehe nicht abhanden kommt! Meiner Mutter ist nicht klar, dass mein Mann derjenige ist, der mir tagtäglich den Rücken stärkt, mir Mut macht, mich tröstet, wenn bei Ihr mal wieder alles Kacke läuft. Im Gegenzug ist Sie beleidigt, wenn wir mal am Sonntag zum See fahren und einfach mal die Ruhe genießen wollen (was ich schon gar nicht mehr kann) - dann heißt es: "Und mich lässt man hier sitzen!"

So long erst mal! Ich muss mich fertig machen, weil ... meine Mutter wartet ja auf mich
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