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Alt 28.06.2010, 11:46
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Warum so schnell einen neuen Partner???

Hallo alle zusammen1

Als mein lieber Freund nach 4,5 Jahren Krebs gegangen ist, habe ich überhaupt nicht mehr weiter gewollt. Endlich hatte ich DEN Freund fürs Leben gefunden...! Wir hatten 3,5 Jahre ohne Krebs. Das Wort "Zukunft" begann langsam und leise im Hintergrund zu sterben seit dem Tag der Diagnose, max. Überlebensdauer 3-5 Jahre! NATÜRLICH würde es bei IHM anders sein, natürlich! Es war "anders", er hat gekämpft, war stark und hat den Schmerzen, den Tortouren widerstanden, wie ich es mir hätte nie vorstellen können. Und doch ahnten wir beide, es ist ein "Spiel" auf Zeit. Wie oft habe ich ihn traurig von der Seite angesehen, mich gefragt wie lange er noch bei mir sein wird, wie lange er noch die Kraft haben wird und was ich dann ohne ihn machen soll, wie es sich wohl anfühlen wird... Es ist furchtbar wenn der geliebte Mensch neben einem sitzt und man versucht sich auf die kommende Zeit "vor zu bereiten". Es fühlt sich dann noch schlimmer an, wenn der unglaubliche Fall eintritt. Sicher ist die Frage nach der Beziehung, wie gut oder schlecht sie war auch legitim. Die Zeit der Krankheit ist auch schon eine Trauerzeit, die wohl meist übersehen wird, man weiß man kommt den Tod täglich näher! In der ersten Zeit war ich körperlich und seelisch fix und fertig, naja die „erste Zeit“ hat sich ganz schön lang hingezogen. Ich habe für mein Leben auch nicht mehr gesehen was das noch werden soll, ich wollte auch nicht mehr, mir kam der Sinn des Ganzen abhanden. Ich verlor mich selbst langsam. Ein neuer Partner - nein, das konnte nicht gehen, nein nicht nach dieser großen Liebe – unmöglich! Und das Gerede der Leute "Die braucht wieder einen Mann!" oder „…es ist doch nun schon sooo lange her, nun muss man sich doch mal wieder fangen!“ (das Gegenteil von „Ach hat die schon wieder einen, na da kann es mit der Liebe nicht weit her gewesen sein!“- als ob das ein Allheilmittel wäre und was soll das heißen, ist man als allein stehende Frau Niemand - unfähig zu leben!? Das wollte ich dann so doch nicht gelten lassen, ich bemühte mich wieder "Sinn und Zukunft" in mein Leben zu bringen, 2-3 Monate lang, dann wurde meine Mutter pflegebedürftig und ich stehe nun mehr schon wieder seit 4 Jahren in der Sorge um einen Menschen. Doch ich habe einen sehr einfühlsamen und standhaften Freund, nicht gesucht, eigentlich aus Empörung über die Welt zusammen gefunden... Wie trostlos wäre mein Leben ohne ihn, ich hätte jetzt mit 45 Jahren keine Zukunft, nur ein jetzt mit meiner kranken Mutter. Zur Zeit habe ich ein gutes "Jetzt" und auch noch einige Zukunftspläne und ich bin sooo froh, dass mein Freund so in mein Leben geknallt ist. Es ist nicht immer leicht und es ist sicher auch nicht das Ende der Trauer um die verlorene Liebe, aber ein Leben allein mit allen erlebten Grausamkeiten, die Erinnerung an jämmerliches Leiden, Blut, Wunden, ungeheuerliche Kämpfe mit Ämtern bzw. deren Amtspersonen die noch Beweise brauchen, wenn der Sarg schon im Wohnzimmer steht. Das alles bringt den Sinn auf dieser Welt zu sein furchtbar durcheinander... Wir sind sehr schnell zusammen gekommen, für meine Kinder sicher überraschend schnell. Nicht nach Monaten, nein ich meine als wir uns das erste Mal trafen, haben wir uns kaum mehr getrennt, trotz der 500 km zwischen uns, die mein Freund durch seinen Umzug ausradierte. Und noch eine Überlegung für Kinder. Es ist für mich als Mutter eine schlimme Vorstellung, wenn ich so geblieben wäre wie ich die ersten Monate war. Ich hatte keinen Antrieb, zu nichts, habe unter lachenden Menschen mit Tränen in den Augen gesessen und fühlte mich allein, abgerissen von meiner Liebe und sinnlos umher treiben, unnütz im Leben... wollte nicht reden und nix. Es ist eine schwere Aufgabe einen solchen verlorenen Menschen täglich aufbauen zu müssen, eine Aufgabe, die ein Partner in der Regel den Kindern abnimmt – das kann auch für die Kinder ein Geschenk sein. Doch vielleicht fühlen sie sich um die gemeinsame Trauer betrogen? Ich glaube da hilft nur reden, ehrliches Interesse an den Gefühlen der Mutter. Es gibt viele Varianten des Umgehens mit diesen "Zuständen", manche flüchten, manche resignieren, manche halten sich an gewohnten Strukturen ihres Lebens fest um sich selbst nicht spüren zu lassen, dass der Boden unter den Füßen weg ist... Keine Variante wird für alle Menschen die richtige sein, es ist immer nur ein Versuch mit dem Unmöglichen um zu gehen.

Versucht euch gegenseitig zu verstehen, sonst verlieren alle noch mehr als den Vater/ Schwiegervater.

Gruß Petra
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