Einzelnen Beitrag anzeigen
  #78  
Alt 31.03.2010, 07:52
Silleke Silleke ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.04.2006
Beiträge: 34
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo Cori,
Du verstehst mich ziemlich falsch. Ich sage nicht anderes, als dass der Wille der Erkrankten respektiert werden muss. Von einer Verweigerung der Sterbebegleitung einschließlich lindernder Medikation habe ich kein Wort geschrieben.
Worum es mir ging, ist nur, dass tatsächlich der Wille des Betroffenen maßgeblich sein muss, und nicht Leiden und Verzweiflung Angehöriger. Nochmal gesagt: Fast alle unheilbar Krebskranken haben die Möglichkeit, selber Entscheidungen zu treffen . Seit einigen Monaten ist das auch gesetzlich so klar geregelt, dass es wirklich realistisch ist. Wenn daher ein Krebspatient selbst nichts tut, um sein Leben und Leiden vorzeitig zu beenden, so steht es Angehörigen nicht zu, aktive Sterbehilfe zu wünschen.

Deine familiäre Lage kenne ich nicht. Wenn du sicher weisst,dass du im Sinne deiner Mutter gehandelt hast, ist doch alles in Ordnung. Mein Problem wäre, dass ich es nicht sicher wüsste. Denn Wahrnehmungen verändern sich .Was unerträglich ist, beurteilt man wahrscheinlich vorher anders als im Eintreten. Das erlebe ich persönlich aufgrund schwerer fortschreitender Behinderung, und ich habe es auch oft bei Krebserkrankten erlebt. Ein Beispiel,was eigene Entscheidungen betrifft: In meiner Patientenverfügung steht ausdrücklich, dass ich nicht auf künstliche Ernährung verzichten will . Das überrascht viele, denn ich lehne die allermeisten verlängernden Maßnahmen ab. Aber ich empfinde die Vorstellung als grauenhaft ,langsam verhungert zu werden. Genau das aber wird immer so dargestellt wie ein Akt der Barmherzigkeit, der Standard der Menschlichkeit sozusagen . Andere mögen es als Gnade empfinden, für mich ist es furchtbar. Schon mein eigener Vater kannte meine Haltung tatsächlich nicht. Er hat das verblüfft zur Kenntnis genommen, heute denkt er nach, selber entsprechend vorzusorgen.

Aus solchen Erfahrungen heraus traue ich mir nicht zu, ohne vorausgegangene intensive Gespräche mit meinem Angehörigen irgendetwas in seinem Sinne zu regeln . Wenn ich aber mit ihm rede, muss ich ihn ermutigen, selber Regelungen zu treffen. Sofern mein betroffener Verwandter nicht klar festlegt, was er möchte, wäre ich unsicher. Wie schnell man als Angehöriger angesichts großen Leidens eigene Unerträglichkeit verwechseln kann mit dem Wunsch des Betroffenen, hat gerade HelmutL geschrieben. So viel Liebe und bester Wille auch dahinter steht, aber das darf nicht sein. Den Willen des Sterbenden ignorieren und die Zumutbarkeit für Angehörige in Frage stellen, das sind genau die gefährlichen Entwicklungen, vor denen viele Betroffene Angst haben.
Und wir reden hier ja nicht über private Fragen, sondern über gesetzliche Vorgaben, die von Krebs ,seelischer Krankkeit, körperlichem Leiden , Alter, bis zu sogar vorgeburtlichen Behinderungen alle Formen des Leidens am Leben umfassen müssen. Und die von der liebevollen Tochter bis zum Erbschleicher jedem Angehörigen die Maßstäbe setzen.

LG Silleke

Geändert von Silleke (31.03.2010 um 07:57 Uhr)