Thema: Gedanken
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Alt 26.02.2010, 20:26
Sousha Sousha ist offline
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Standard AW: Gedanken

Liebe Eleanor,

ich habe gerade sehr betroffen Deinen Beitrag (und ddie der anderen) gelesen. Ich kenne es sehr gut, dieses Gefühl kämpfen zu wollen und nicht zu können. Das Ringen um die Stärke, die einmal da war. So zu sein, wie man sich kennt. Das Suchen nach der Quelle, die Kraft gibt und Zuversicht und jeden Tag hilft zu überstehen. Die Frustration, wenn es nicht gelingt. Sich selbst nicht leiden zu können an den Tagen, an denen gar nix mehr geht. Nicht jammern zu wollen, sich niemandem zumuten wollen an diesen Tagen. Stark sein für die anderen.... Für die anderen bin ich eine Powerfrau, Miss 1000 Volt, immer eine Lösung findend, das Positive sehend, stark eben.

Ich habe im Verlauf meiner Erkrankung (BK 2006, 7 LK, Rezidiv 2009 lokalrezidiv Axilla) eine interessante Erfahrung gemacht. Ich habe mich gefragt: "Was soll das?" Also was ich da veranstalte. Nur damit niemand sich unwohl oder verpflichtet oder sprachlos fühlt in meiner Gegenwart habe ich immer die "Tapfere" gezeigt. Ja, ich bin echt tapfer! Wie alle hier! Aber irgendwann war ich auch richtig schwach. Ich wollte nicht mehr kämpfen, sah keinen Sinn, habe mich nicht wieder erkannt mit all dem Gewicht, den diversen Einschränkungen, der Trägheit, dem Schlafbedürfniss, den Schmerzen... usw. Anzuerkennen, dass ich nie wieder die sein werde, die ich einmal war, der Umwelt das zuzumuten, dass ich keine Lust mehr habe, nicht positiv denke, keine Kraft mehr finde, unter all dem richtig leide... das war für mich als toughe Frau nicht einfach.

Jetzt mute ich mich zu. Ich sage Verabredungen ab, wenn ich Schmerzen habe, zeige meine Angst, meine Nervosität vor jeder Untersuchung, betrinke mich wenn ich das alles nicht mehr aushalte und zwinge mich zum Blick nach vorn und vor allem zum Blick in die Veränderung. Ich habe manchmal Angst, will niemanden sehen, kann die Schlafstörungen, Hitzewallungen, Schmerzen, Schwellungen etc. manchmal nicht mehr ertragen. Und auch nicht, dass ich nicht mehr so bin, wie ich war. Peu a peu schraube ich die Erwartungen an mich selbst herunter. Uff! Das ist schwer. Wirklich.

Manchmal spüre ich, dass nicht die anderen erwarten, dass ich stark bin, sondern ich selbst. Dass das was ich denke, was ich sein sollte mit den Erwartungen der Menschen um mich herum nichts zu tun hat. Sie sind bereit mich mit meinen Einschränkungen zu lieben, wenn ich es denn zulasse.

Heute zeige ich mich nicht nur stark und zuversichtlich, sondern auch ängstlich, müde, verzweifelt und zweifelnd. Ich bin beides. Aber früher konnte ich das nicht zeigen.

Die Menschen, die sich auf mich einlassen wollen wirklich wissen, wie ich mich fühle. Sie teilen mittlerweile nicht nur meine Stärke, sondern auch meine Ängste!

Vielleicht ist dies das Geheimnis: Nicht immer stark sein zu wollen und anzuerkennen, dass all diese dunklen, angstmachenden Gefühle zum Überleben und auch zur Liebe und Freundschaft gehören. Zu akzeptieren, dass es Momente gibt, in denen man das alles nicht mehr ertragen kann und sich am liebsten zurücklehnen und überlassen möchte.

Immer stark sein zu müssen/wollen ist anstrengend und raubt uns die zum Überleben so dringend benötige Energie. Das zu "fressen" hat mich Jahre gekostet und ich bin noch nicht durch damit.


Sei zuversichtlich und überlass Dich auch den schwachen Momenten. Dann geht es für die Familie halt mal anders als gewohnt... aber es geht.

Viel Mut zur Schwäche wünscht


Sousha
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