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Alt 29.10.2009, 21:22
Angelique1973 Angelique1973 ist offline
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Standard AW: Kleinzeller seit Nov 08, Hirnmetas seit Mai 09, suche Erfahrungsaustausc

Liebe Bea,

auch ich bin rhetorisch nicht so gewandt und oftmals fällt es mir auch schwer, für meine Gedanken und Gefühle, die richtigen Worte zu finden. Ich versuch es jetzt aber trotzdem.

Du hattest letzte Woche einen Tag, an dem Du nicht gerade die erfreulichsten Fakten über den Gesundheitszustand Deines Vaters erfahren hast und wenn ich es richtig verstanden habe, warst Du genau an diesem Abend ganz allein. Es war keiner da, mit dem Du über Deine Sorgen reden konntest, der Dich im Arm genommen hätte oder Dir hätte Trost spenden können, den Du in diesem Moment so bitter nötig gehabt hättest. Das man da innerlich zusammenbricht ist verständlich und auch menschlich. Die einzige Anlaufstation an diesem Abend war für Dich das KK und es war gut und richtig, dass Du Deinen Kummer und Deine Traurigkeit hier raus gelassen hast. Auch wenn Du es nie wolltest, weil Du jedem hier immer nur Hoffnung und Zuversicht geben wolltest und uns Mut zusprechen wolltest., aber auch Du hast das Recht Dir hier Trost zu suchen und brauchst Dich hierfür nicht zu entschuldigen.

Mir fällt es auch häufig schwer, in meinem persönlichen Umfeld, über die Krankheit meiner Mama zu sprechen, weil ich oftmals merke, dass man meine Ängste, Sorgen und Gefühle, eh nicht richtig nachvollziehen kann. Viele denken “Ist doch alles gut, OP, Chemo, Bestrahlung, alles ist gut gelaufen, aber wie präsent das Thema “Krebs” für mich, Mama und Ihren Ehemannes noch ist, verstehen doch die wenigsten. Es gibt eben keinen Tag, wo man nicht an diese Krankheit denkt, weil die Angst davor, das der Krebs irgendwann wiederkommt, allgegenwärtig ist.

Hier im KK findet man nun die Leute, die sich wie Du und ich, tagtäglich mit dem gleichen Thema auseinander setzten müssen, entweder als Betroffener oder wie wir, als Angehörige. Und jeder hat hier irgendeine “Rolle“, die er sich selber ausgesucht hat. Der eine stellt Fragen und hofft auf Antworten. Der andere sucht Trost und hofft diesen hier zu finden. Wieder ein anderer möchte Trost und Zuversicht versprühen oder eben diejenigen, die einfach nur still mitlesen. Aber das heisst doch noch lange nicht, dass man seiner “Rolle” für immer und ewig treu bleiben muss, weil das nämlich auch gar nicht geht. Das alleine verbietet schon das Thema” Krebs”, weil er eben heimtückisch, unberechenbar und nicht kalkulierbar ist. Und weil dieses so ist, müssen auch mal die “Rollen” getauscht werden.

Was will ich Dir damit sagen? Bea, Du warst immer diejenige, die allem und jeden Mut zugesprochen hat, getröstet hat und immer wieder daran erinnert, das man nie die Zuversicht verlieren darf. Und deswegen brauchst Du Dir auch keine Vorwürfe machen, dass Du uns an einem einzigen Tag, das abverlangt hast, was Du uns in der Vergangenheit gegeben hast. Ich für meinen Teil freue mich, wenn ich an diesem Abend dazu beitragen habe, Dich ein wenig aufzubauen und für Dich da sein konnte. Und glaub mal ja nicht, dass Du mir Angst gemacht hast, denn die habe ich schon seit den Tag, als ich erfuhr, welcher Bösewicht sich in der Lunge meiner Mama eingenistet hat.

Nun, jetzt hab ich viel zu viel geschrieben und ich hoffe mal das es so ankommt, wie ich es meine.

Zuletzt noch eine paar Worte zu Deinem Papa. Mir tut’s wahrsinnig leid, dass er kurz vor seiner Rente an diesem sch..ss Krebs erkrankt ist. Das ist so ungerecht. Man arbeitet sein ganzen Leben, freut sich auf die letzten Jahre, um sich auch mal Dingen anzunehmen, die Spaß machen oder sich irgendwelche Wünsche zu erfüllen, zu denen man im Berufsleben keine Gelegenheit hatte und dann so was. Aber solange Ihr auch noch ein Fünkchen Hoffung habt, dürft Ihr diese nicht aufgeben. Geniesst die Zeit, die Ihr miteinander (auch wenn’s momentan schwer fällt) habt und glaubt an das Wunder. Wahrscheinlich wird er nie wieder ganz gesund, aber das heißt noch lange nicht, dass schon alles vorbei ist.

Ich wünsche Euch alles Gute und das Ihr noch ganz, ganz lange zusammenbleiben dürft.

Ganz liebe Grüße

Angelique
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