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Alt 07.10.2009, 22:21
Thessa76 Thessa76 ist offline
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Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Ihr Lieben,

nach ganz langer Zeit mal wieder ein Lebenszeichen in meinem Faden. Es fehlt mir wirklich oft dieses: was soll ich schreiben?

Ich hatte eine gute Zeit, mit dem wachsenden Herbst wird sie schlechter. Das ist deutlich spürbar.
Ich bin beruflich mehr als gefordert, absolut landunter. Das, was mir im letzten Jahr komplett egal war, nämlich: Job, Weiterentwicklung, etc. ist jetzt wieder wichtiger. Aber nicht lebenswichtig.
Lebenswichtig ist meine Familie. Mein Papa (immer wieder spreche ich von meinen Eltern), meine Geschwister, meine Oma. Das ist das, was es irgendwie erträglich macht.
Ich vermisse meine Mama so sehr, dass es mir weh tut, ungefähr so, wie ich mir Wehen vorstelle. Und wisst Ihr was: das, was ich für mich vom Typ immerimmerimmer ausgeschlossen habe, hat lange gut geklappt: verdrängen. Ich drehe lieber jeden Stein fünfmal um um einer Ursache auf den Grund zu gehen als ihn liegen zu lassen. Ich mag nicht semioptimale Situationen aushalten, nur aus Angst, Faulheit, Bequemlichkeit.
Jetzt ging es. Mein Sommer war gut. Aber verdrängt. Was für mich in Ordnung ist. Aber nun geht es nicht mehr.
Im Moment bin ich zu Hause, beim Papi. Habe hier geschäftlich zu tun. Ich war noch nicht auf dem Friedhof. Eben, als ich heimgefahren bin, dachte ich: mensch, morgen musste aber mal. Dann mein Bild, wie sie da dann unter mir liegt... nee, ich kann nicht.
Früher am Abend war ich bei meiner Omi, vorgestern auch. Das waren schöne Stunden. Aber dort ist alles so Mama.
Meine Schwestern: Mama. Gestern fuhr ich nach Hause, da begegnet mir ein etwas entfernterer älterer Nachbar. Ich dachte, der kriegt gleich einen Herzinfarkt, weil er dachte, ich bin meine Mutter. Die Ähnlichkeit.

Das, dass sie nie wieder kommt. Das ist immer noch nicht gelandet bei mir. Mein Gott. Wann realisiert man? Die Strasse zu ihrer Wohnung: GANZ grosser Bogen.

Es dreht sich alles um meine Mutter. ALLES ALLES ALLES. Ich kann manchmal weinen, oftmals bin ich einfach sehr verzweifelt. Und wirklich ein Stück immun geworden gegenüber anderen Menschen, die mich verletzen könnten. Es ist alles egal. Schlimmer kann meine Seele nicht mehr verschandelt werden.
Und dieses Gefühl, was da bleibt, trotz des Bewusstseins, dass wir alles richtig gemacht haben - ist furchtbar elendig.

Ihr seht, ich bin ein paar Schritte rückwärts gegangen auf dem Weg. Irgendwann gehe ich auch wieder vorwärts. Aber es hat eben alles seine Zeit.

Liebe Grüsse an Euch alle,

Eure Thessa
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Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0.
Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait.
14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01.
am 09.02.2009 in unseren Armen eingeschlafen
1946 - 2009
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