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Alt 27.09.2009, 13:02
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annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Betroffen?! Angehörig?! Herzlich Willkommen!

Hallo Ihr Lieben,

ich möchte mich auf diesem Wege bei Euch allen ganz herzlich für Eure Anteilnahme bedanken.

Es ist mir ein Bedürfnis zu sagen, dass ich mir eine Liste mit den eingestellten Lieblingssongs erstellen werde (manchmal, nach einiger Zeit, verlieren sich die Links ja ins I-Net-Nirwana, und damit ich stets darauf zurückgreifen kann, werd ich mir eine Liste machen).

Ich kam eher nicht zum Schreiben. Ich wollte das nicht "kurz mal eben" machen, sonder schon etwas ausführlicher.

Ich möchte Euch meine derzeitige Gefühlswelt schildern.

Ich bin gewiss traurig, aber ich hadere als solches nicht mit Mamas Tod. Vielmehr, seit Beginn des Verdachts bis zur Gewissheit hin, ja - es ist Lungenkrebs und unheilbar, damit, dass Mama überhaupt eine solche Krankheit bekam.

Ich habe mitgelitten. Ich habe große Ängste durchgestanden. Wie oft schrieb ich:"Ich gehe mit dem Gedanken an Krebs ins Bett und stehe mit dem Gedanken als erstem im Kopf wieder auf." Ja, das war Tag für Tag so. Das ist nun gewichen und hat dem Verlust von Mama Platz gemacht. Dieser wiegt noch viel schwerer, aber anders.

Und ich blicke zurück auf eine Zeit und hinterfrage einiges. Nicht hadernd und allzu kritisch, aber so, dass ich sagen kann: All das, wie es gelaufen ist, war gut so.

Meine Mama war in medizinisch guter Betreuung. Wenn ich eines sagen kann, dann, dass gerade im Bezug auf eine palliative Behandlung, das Verhältnis zwischen Arzt und Patient großem Vertrauen unterliegen muss. Man legt ja quasi "die verbleibende Zeit des Lebens" in fremde Hände. Oh man...das war so schwer für mich, weil ich den Arzt von Mama nie persönlich kennenlernen durfte, aber ich weiß, dass Mama ihm vertraut hat und sich dort gut aufgehoben fühlte. Dafür bin ich dankbar. Die gewonnene Zeit hatte überwiegend gute Qualität. Und die letzten 4 Wochen, die wirklich nicht gut waren, erlebte Mama größtenteils in ihrer eigenen Welt. Geistig betrachtet.

Ich habe immer, Abend für Abend gebetet. Anfangs zornig, und um ein Wunder bittend. Meine Gebete haben sich im Laufe der Zeit verändert. Und sie sind ausnahmslos erhört worden.

Der Tod an sich hat für mich einen Großteil seines Schreckens verloren. Ich trage meine Mutter im Herzen. Auch da alle Seiten. So sehr wir uns geliebt haben, so sehr haben wir uns auch gekloppt manchmal . Gesund eben.

Ich organisiere viel, habe in die Wege leiten können, dass "unser" Pastor die Trauerfeier übernehmen wird. Ich werde sehr viel vorbereiten. Ähnlich wie bei Oma.

Was mir insgesamt sehr sehr viel geholfen hat, war das Schreiben hier im KK. Ich hatte die Tage im Auto das Radio an, und man sagte etwas von neuen Studien, die belegen würden, dass Menschen, die ihren Kummer, ihr Seelenleben niederschreiben, dadurch profitieren würden. Man würde sich klarer in allem und über sich selber. Das stimmt. (Poesietherapie nennt sich das wohl im Fachjargon).

Ich erlebe zur Zeit viel mit den Kindern, und lasse Mamas Tod Bestandteil sein. Das ist wichtig für uns alle. Kinder erleben Trauer anders. Ich war bei der Bekannten, mit dem Trauerinstitut. Sie hatte Eröffnung, kurz nach Mamas Tod. Irgendwie eine Fügung des Schicksals. Wir wollen nun Kerzen gestalten. Eine mein Großer, eine die beiden Kleinen, eine ich.

Manchmal überkommt mich eine tiefe Traurigkeit. Dann weine ich. Ich unterdrücke das dann nicht. Warum auch?! Mir ist auch völlig egal, ob das im Supermarkt passiert oder hier zu Hause. Es ist Ausdruck des Innersten, und ich denke das muss raus.

So, wie diese ganze Erkrankung einem sehr viel abverlangt hat wird es die Trauer auch tun. Ich stehe ganz am Anfang. Wenn das Telefon schellt, bin ich soweit, dass ich denke:"Ne, Mama kann es ja nicht sein. Nie wieder!" Gestern war ich mit meinem Mann und den beiden Kleinen in Holland. Auf dem Rückweg hat meine Tochter sich im Auto entrüstet, weil ihr kleiner Bruder ihr Trinken egoistischerweise in ein paar Zügen komplett geleert hat. Sie hat sich eines ...öhm...sehr unrühmlichen Wortschatzes bedient und ihn unflätig beschimpft. Das wäre was gewesen, wo sich Mama vor Lachen auf die Schenkel geschlagen hätte. Und so bewahre ich mir meine Mama im Herzen. Gesund, lachend!

Die Krankheit, das war ein Bruchteil ihres Lebens - ich möchte nicht nur das Traurige im Herzen bewahren. Es ist Bestandteil - ganz klar, aber es ist nicht alles.

So, ich werde mich, sobald ich Zeit habe, wieder melden. Euch allen von Herzen Dank für´s Hiersein.

Eure Annika
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