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Alt 25.01.2009, 19:01
Geske Geske ist offline
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Standard AW: An alle Hinterbliebene...

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Zitat von AndreaS Beitrag anzeigen
für mich hat es nichts mit Verdrängung zu tun, sondern damit, die Würde meines Mannes nicht zu verletzen, indem ich hier haarklein über sein Sterben erzähle. Wem sollte es nutzen?
Über die Auffassung wann die Würde eines Menschen verletzt wird, lässt die Moral einen großen Freiraum zu, wir werden hier wohl kaum einen Konsens finden.
Ich habe von meinem Mann eine klare Stellungnahme bekommen: er hat die Beiträge über das Sterben, die ich ihm erst sehr zögerlich zeigte, als Betroffener ganz und gar nicht als entwürdigend empfunden, eher als einen Trost und Beweis dafür, das er mit seinen körperlichen Qualen durchaus keine Ausnahme ist.

Ich denke sehr häufig darüber nach, ob wir mit unseren Kranken wirklich liebevoll umgehen, wenn wir gegen das Sterben „anhoffen“. Die ständigen Trostzusprechungen wie z.B. „wir werden dagegen kämpfen, wir werden stark sein, die Hoffnung stirbt zuletzt“ können auf Kranke auch belastend wirken. Wenn die Ärzte klare Aussagen zum Krankheitsbild gemacht haben, Laboruntersuchungen diese Aussagen bestätigen, wir als Angehörige aber blindlings meinen, wir werden es der „sch. Krankheit“ schon zeigen, so kann dies ein Verdrängungsmechanismus sein, der auf die Betroffenen lieblos wirkt.

Ich habe auch ich gern zu solchen verbalen Ausflüchten gegriffen, meinem Mann war das äußerst unangenehm, er wollte seine Situation annehmen, das fiel ihm schon schwer genug, da waren meine „Hoffungen“ nicht gerade hilfreich, ich habe diese Mutzusprechungen dann auch, wenn nur mühselig, unterdrückt. Die klaren Beschreibungen über das Sterben fand er dagegen ehrlich und er hat auch gesagt, dass ich über ihn ruhig schreiben kann, nur mir fällt das sehr schwer und die hier im Thread gemachten Schilderungen haben ja schon genug kontroverse Reaktionen ausgelöst. Eigentlich hätte ich gerade etwas anderes Wichtiges zu schreiben, deshalb sitze ich auch vor dem PC, aber mir ist dieses Thema noch wichtiger!

Noch zum Abschluss: mir haben die Beschreibungen bei der Begleitung sehr geholfen, ich glaube ohne jedes Wissen, wie Sterben verlaufen kann, wäre ich in Panik ausgebrochen und das hätte meinem Mann nicht geholfen, sondern geschadet. Und für das Leben danach ist es für mich wichtig, dass ich mich der Situation dann klar stellen konnte als es notwendig war (mit kleinen Abstrichen).
Der Hausarzt hat auch nur etwas Unklares gemurmelt und mir dann hinterher gesagt: „Sie haben es doch gewusst“. Auch bei ihm war offensichtlich ein Unwohlsein dabei. –

Viele Grüße
Geske

Geändert von Geske (25.01.2009 um 19:06 Uhr)
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