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Alt 08.12.2008, 08:31
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Petra_S Petra_S ist offline
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Registriert seit: 28.09.2005
Ort: Thüringen
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Standard AW: Angst vorm Leben

Hallo Jule,
ich hoffe nicht, dass dein Leben so sein wird ab jetzt. Und obwohl ich glaube, dass die Menschen sehr blind und taub für das unbeholfene, lautlose schreien Hilfebedürftiger geworden sind, hoffe ich dass z.B. dein Chef Frank (?) und dein Kollegin dich ein klein wenig durchschauen, hinter deine Maske blicken... Es gibt ein Gedicht, einen Text "Bitte höre was ich nicht sage!" von
Charles C. Finn, such dir den mal im Netz. Du wirst sehen, er drückt aus was du meinst. Ja, leider geht es vielen Menschen so, wir verlernen zu reden, trauen uns nicht aus den verschiedensten Gründen. Und man glaubt es kaum, auch hier gibt es schon so etwas wie einen "guten Ton" - die Gesellschaft (wer immer das sein mag) meint zu wissen WIE man trauer äußern DARF, also ein bestimmter vorgegebener Verhaltenskodex auch hier. Aber was holft das nun dir? Nichts, liebe Jule, ich befürchte ganz ohne dein Zutun wird es vielleicht sehr schwer möglich sein, dass ein Mensch an dich heran kommt. Aber, wenn du EINEN, wenigstens EINEN MENSCHEN in deiner näheren Umgebung hast, dem du vertraust und von dem du glaubst, dass er die Stabilität hat, deine Trauer mit aushalten zu können, vielleicht druckst du ihm den Text mal aus und dann sollte er verstehen... Außerdem kannst du in kleinen Schritten, so wie es dir möglich ist hier sagen/ schreiben was du fühlst, nicht immer werden alle verstehen, aber irgendwer wird dich sicher verstehen. Ich kenne einige Leute, die sich durch das Forum kennengelernt haben, jetzt Freundinnen, Liebespaare oder nur Weggefährten auf Zeit sind. Aber eins ist leider klar, deine "Unschuld" hast du nun wohl verloern, du "WEIßT" nun - was Verlust ist, was Zeit bedeuten kann, Liebe usw., usw. alles bekommt einen neuen Wert. Und der Weg ist lang und hart, aber in ganz klitzekleinen Schritten, mit Rückschritten wird es "lebbar" - irgendwie... Ich war selbst schon schrecklich depressiv und habe einen kleinen Trick gelérnt in der Zeit. Schriftlich habe ich mir Regenwolken, Gewitterblitze, Sonnen verdeckt von Wolken, Sonne ohne Wolken am Ende eines Tages zur Einschätzung aufgeschrieben in mein Tagebuch. Kannst du Tagebuch schreiben...? Oder Briefe an deine Mutti...?

Noch eins möchte ich dir schreiben. Ich habe selbst drei Töchter, zwischen 20-25. Als mein lieber Freund krank war, bewarb sich die Jüngste gerade knapp 300km von uns entfernt. Es kam ein Anruf, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, wir waren sooo stolz! EINEN Tag (!!!) nachdem er für immer gehen mußte, hatte sie drei Tage Probearbeiten - sie hat es geschafft, fix und fertig, aber sie hat es geschafft, er hatte ihr mit auf den Weg gegeben, sie solle ihre Träume wahr machen, solle so bleiben wie sie war... Uns auch ich würde mir wünschen, dass ich alles so weit richtig gemacht habe, dass meine Kücken fliegen können - auch ohne mich, dann hätte ich meine Aufgabe für ihr Leben richtig gemacht!
Verlier den Mut nicht, bleib hier bei uns, du hast den Weg schon begonnen zu gehen!
Liebe Grüße Petra
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