Einzelnen Beitrag anzeigen
  #199  
Alt 18.10.2008, 14:30
Benutzerbild von Summer 175
Summer 175 Summer 175 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 07.08.2008
Ort: Unterfranken
Beiträge: 542
Standard AW: ab Montag 18.08.08 beginnt die Chemo, ich habe Angst

Ach, Iris!
Das tut mir leid - einerseits kann ich bei nachvollziehen, dass die Leute vielleicht etwas "unbeholfen" sind, wie man mit Kranken oder deren Angehörigen umgeht - andererseits kann man doch einfach mal nachfragen, wenn man sich kennt ....

Etwas ähnliches hat mir vorgestern meine Tochter erzählt. Der Vater ihrer besten Freundin ist Anfang der Woche plötzlich verstorben: 49 Jahre jung, fit, sportlich, nie krank gewesen ... Er wollte mit dem Rad kurz was besorgen, erleidet ein Aneurysma im Kopf und ist tot - von jetzt auf nachher ... Für die Familie ein Riesenschock, die jüngste Tochter ist erst 12 oder 13 ... Und ausgerechnet sie kommt zwei Tage später heim und sagt "Mama, wieso gucken mich die Leute im Dorf denn so komisch an? Hab ich was falsch gemacht?" - da könnte man doch heulen, oder? Fragt sich dieses kleine, traurige, verstörte Mädchen, ob SIE was falsch gemacht hat ... Es ist eh für alle so schlimm, Anja's Freundin wurde über's DRK alarmiert (es wusste ja zunächst keiner, um wen es sich handelt) und kommt dazu, wie gerade ihr Vater reanimiert wird .... Und wenn man dann noch das Gefühl hat, viele Bekannte (oder auch die, die man vielleicht sogar für Freunde gehalten hat) gehen einem aus dem Weg, nur um mit der Trauer nicht konfrontiert zu werden ... Meine Tochter hatte mich auch nach meiner Meinung gefragt, weil sie nicht wusste, ob sie einfach zu ihrer Freundin hingehen oder sie zuerst anrufen oder simsen sollte ... Ich hab ihr dann geraten, einfach hinzugehen - und damit zu rechnen, dass sie vielleicht "abgewiesen" wird und das dann nicht persönlich zu nehmen ... Das hat sie gemacht, und ihre Freundin war dankbar dafür, dass Anja einfach nur da war, ihr zugehört hat, sie ungestört weinen ließ ... Anja musste kaum etwas sagen - so einfach kann manchmal Trost sein ....

Ich frage mich oft, was mit unserer Gesellschaft los ist ... Ist es nur Hilflosigkeit ("Was sagt ich da jetzt am besten?") oder einfach Desinteresse? Dieses am-besten-wegschauen, wenn's einem anderen nicht gut geht? Sich bloß nicht damit auseinandersetzen, dass es einem vielleicht mal genauso ergehen könnte? Es ist traurig ....

Bitte versuch, solche Begegnungen wie die, die du beschreibst, nicht an dich herankommen zu lassen ... Das hast du erstens nicht nötig, und zweitens brauchst du das in eurer eh schon schweren Situation gleich gar nicht ... Du tust dir damit nur unnötig weh, lässt deinen Ängsten noch mehr Raum ... Leider erkennt man vieles oft erst, wenn's einem nicht gut geht - diese Erfahrung hab ich mit meiner eigentlich besten (dachte ich ja sehr viele Jahre lang) Freundin gemacht, und irgendwann festgestellt, dass es eigentlich "fremde", mir nicht so nahestehende Menschen sind, die mir viel mehr geben ...

Manchmal wünsch ich mir so eine kleine Voodoo-Puppe *schäm*, da könnte man dann im stillen Kämmerlein tun, was man sich nicht öffentlich zu tun oder auszusprechen traut ...

Habt ihr am Wochenende einen schönen Ausflug vor? Das Wetter soll ja noch mal richtig schön werden ...
Alles Liebe für dich, Karin
__________________
"Das Leben ist keine Autobahn von der Wiege bis zum Grab, sondern ein Platz zum Parken in der Sonne."
(Phil Bosmans)