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Alt 11.10.2008, 22:50
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MM-Tiga MM-Tiga ist offline
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Standard AW: Doch schon Rezidiv

Liebe Leute,

ich hab ja hie und da schon angedeutet, heute hab ich bissl Zeit, mal wieder etwas mehr über den Verlauf bei meiner Mutter zu erzählen:
das mit der intravenösen Nahrung ist jetzt alles passend eingestellt, da gab es die ersten Tage zu Hause noch eine kleine Aufregung, da die Ärzte es gut gemeint hatten und zusätzlich zwei Präparate beimischen lassen hatten, eins mit allerlei Vitaminen, eins mit den ganzen "Metallen" (Zink, Eisen etc. )- da hatte meine Mutti dann allergisch reagiert, das war ganz fürchterlich , so eine Art Anfälle mit Spucken und totalem Zittern und keiner wusste, was jetzt los ist - der Hausarzt kam dann und hat nach einem Gespräch mit dem anderen Arzt rausgefunden, dass diese zwei Präparate zu dieser Reaktion führen können. Also wurden sie abgesetzt, seitdem gehts gut mit der Nahrung, alles regelmässig, die Schwester kommt abends um 7 zum "Anschliessen" und morgens um 10 zum "Abnabeln" und bis dahin ist auch alles "aufgegessen" . Mit dem Stoma läuft auch alles routiniert, meine Mutter isst aber sowieso nie mehr als einen Happen- immer allerdings gerne saftiges Obst, ohne Schalen und so- das tut ihr gut!
Trotz der ziemlich hochdosierten intravenösen Nahrung wird aber meine Mutti immer weniger und schwächer - sie steht schon noch ab und zu auf, wäscht sich möglichst selber, läuft bei schönem Wetter paar Schritte auf der Terrasse hin und her, schläft nachts im Bett und zieht sich tagsüber richtig an, um nicht ganz zu "vergammeln", sie schläft aber immer mehr- tagsüber aufm Sofa, da ist es gemütlicher und sie kann Musik hören zusammen mit meinem Vater oder abends Fernsehn, wenn sie dann aufwacht, weiss sie jetzt manchmal erst gar nicht mehr, was grad für ein Tag ist, aber das ist ja klar, wenn man soviel schläft. Sie ist sonst ja auch ganz bei Sinnen, nur halt so schwach- das erstaunt sie selber, neulich murmelte sie, dass sie das nicht gedacht hätte, dass es mal sooo schnell gehen würde mit dem Schwächerwerden....Vorher hat sie das noch sehr aufgeregt, dass sie fast nix mehr schafft, inzwischen ist sie schon fast zu schwach zum Aufregen- tja, so ändern sich die Zeiten .
Was sehr angenehm ist: Sie hat keine Schmerzen ! Nix! -nur Kreuzweh an einer Stelle, die schon lange kaputt ist und vom vielen Rumliegen- und dagegen hat sie Schmerzpflaster, die sehr gut helfen.

Ihr wundert Euch vielleicht, dass ich dass nicht voller Aufregung und jammernd schreibe- nein, es ist Ruhe eingekehrt, der Zustand meiner Mutter soweit stabil, aber sie schwindet irgendwie dahin- es wäre sehr schön, wenn es einfach dann so ruhig weiterginge, bis es eines Tages so kommt, wie sie es sich wünscht- dass sie dann einfach nicht mehr aufwacht. Ich wünsche ihr, dass sie keine dramatischen Tage und Stunden voller Schmerzen und Angstzuständen erleben muss, das ist jetzt die Hauptsache.
Ich selbst bin innerlich auch ganz ruhig , jetzt gibts nix mehr zu kämpfen, der Hausarzt, der alle paar Tage nach meiner Mutti schaut hat gesagt, dass das alles ganz typisch ist: der Körper kann nichts mehr aufbauen und nimmt sich nur noch das bisschen, was er verkraftet, nun ist klar, dass man sich nicht mehr um Therapien, Chemos etc. kümmern muss- ausser es passiert das berühmte Wunder... die Aufregung ist weg.
Schön ist, dass meine Eltern zur Zeit einigen Besuch bekommen - mein Lieblings-Onkel war neulich ganz spontan da, Freunde meiner Eltern, Leute ausm Dorf etc., die wissen alle Bescheid und haben keine Berührungsängste- das ist vor allem auch für meine Papa toll, erstens, weil er auch mal über andere Dinge reden kann, zweitens weil auch meine Mutti noch andere Gesichter zu sehen bekommt, sie abgelenkt und angeregt wird, und mein Papa nicht immer am Telefon oder so erklären muss wie's meiner Mutter geht, die Leute können selber nach ihr sehn. Überhaupt mein Papa macht das ganz toll - er kocht inzwischen richtig vielseitig, entscheidende Tips zum Würzen und so gibt ihm meine Mutti, er schmeisst den Haushalt, pflegt meine Mutti, hilft ihr, ist immer in ihrer Nähe, geht aber trotzdem auch mal in seine Werkstatt und regelt seine Sachen am Telefon. Einkaufen rennt er, wenn die Schwester da ist, naja, viel Zeit bleibt ihm nicht für sich. Morgen kommt meine Schwester für einen Tag zu meinen Eltern (das knapst die sich auch so ab, länger gehts leider nicht bei ihr), am Dienstag fahr ich hin und bleibe bis Donnerstag, dann kann mein Papa mal länger weg und Sachen erledigen. Dafür bekämen meine Eltern auch einen Pfleger, ich finde es aber schöner, wenn wir aus der Familie möglichst da sind, sonst ist das alles irgendwie so "normiert". Immer kann ich aber sowieso auch nicht hinfahren, bei mir geht jetzt dann die Arbeit wieder voll los...
So, ich glaub, das wars für den Augenblick- drückt meiner Mutti bitte die Daumen, dass sie keine schlimmen Schmerzen bekommt !
Danke fürs lange Lesen und gute Nacht!
LG MM-Manuela
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Du musst das Leben nehmen, wie es ist
- aber Du darfst es nicht so lassen.

Karl Richter
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