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Alt 04.10.2008, 08:09
Moonlady Moonlady ist offline
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Standard AW: Brauche Mal Euren Rat...

Liebe Maggy,

puh, ich kann Dich gut verstehen - mit all Deinen Zweifeln und Ängsten, die Du in Deinem Posting geäußert hast.

Da Deine Diagnose ja noch "ganz neu" ist - auch wenn Du inzwischen mit der Chemo begonnen hast - ist es ganz normal, dass jetzt all diese Gefühle erst mal bei Dir anlanden und Du Dich wirklich fragst "wofür das alles?".

Fakt ist aber ganz einfach: selbst bei bester Prognose und wenn alle möglichen Therapien eingeleitet werden, gibt es keine Garantie, dass der Krebs nicht wieder zurückkommen wird.

Doch denke dabei immer daran, dass es für das Leben insgesamt niemals - egal wie jung oder alt, wie gesund oder krank man ist - eine Garantie gibt.

Der Unterschied zwischen denen, die "gesund" sind und die wir "krank" sind, ist lediglich der, dass wir uns über ein mögliches Ende des Lebens mehr Gedanken machen als wir das vorher getan haben. Ich z.B. bin vor meiner Erkrankung jeden Tag morgens 50 km über die Autobahn zu meiner Arbeitsstelle gefahren und abends wieder 50 km zurück. Und obwohl es da immer wieder "brenzlige" Situationen gab, bin ich niemals mit dem Gedanken ins Auto gestiegen "wer weiß, ob Du heute Abend wieder heil zu Hause ankommst". Nach meiner Diagnose dagegen gab es plötzlich den Gedanken "wer weiß, ob Du den nächsten Herbst noch erleben wirst???". Inzwischen erlebe ich den 3. Herbst nach der Diagnose - und lebe nach wie vor ganz gut.

Wenn ich früher für 10 oder 15 Jahre im voraus plante, so war das für mich kein Problem. Ich würde ja gesund und munter diesen Zeitraum erleben. Wie konnte nur so denken, wer gab mir um Himmels Willen diese Sicherheit, frage ich mich heute!

Du siehst: eine Krebsdiagnose ist einfach ein einschneidendes Ereignis, das im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal verdaut werden muss. Und dafür braucht es Zeit, die Du Dir geben solltest.

Meine ganz persönliche Meinung zu den radiologischen Kontrollen ist folgende: Es sind alles Momentaufnahmen. D.h., wenn alles o.k. ist, dann ist im Moment alles in Ordnung. Das hilft mir. Und ich lasse mich auch nicht darauf ein - so wie es die Standards eigentlich vorsehen - "nur" mit Mammographie und Sonographie zu arbeiten. Sondern ich lasse einmal jährlich zusätzlich eine Röntgenaufnahme der Lunge, ein Oberbauchsono und ein Knochenszintigramm machen. Und glücklicherweise habe ich Ärzte gefunden, die da meine Ansicht des "Wissen-wollens" teilen.

Auf Tumormarker gebe ich selbst eher wenig, da sie - so wie Deine Ärztin Dir schon sagte - oft ungenau sind. Bei mir war trotz Brusttumor oder Lokalrezidiv nie ein erhöhter Tumormarker messbar. Andererseits habe ich eine gute Freundin, die vier Wochen lang völlig außer sich war, weil auf einmal ihre Tumormarker leicht erhöht waren - und es war nichts! Bei ihr war es lediglich eine andere Reaktion im Körper, die Einfluss auf dieses Werte genommen hatte (welche auch immer).

Ich habe für mich ein "Bild" für meinen Krebs gefunden, von dem ich denke, dass es die Situation recht gut trifft: Er ist für mich wie eine große, schwarze Gewitterwolke. Als ich 2005 meine Diagnose bekam, da war diese Wolke ganz nahe, dunkel, den ganzen Himmel einnehmend. Das Gewitter entlud sich mit voller Wucht - direkt über mir. Die Blitze zuckten gleißend ganz dicht mich herum, der Donner grollte ohrenbetäubend. Licht - außer das bedrohliche von den Blitzen - sah ich nicht mehr. Ich fürchtete um mein Leben.

Und dann - ganz langsam, fast unmerklich - zog das Gewitter weiter. Die Intensität der Blitze ließ nach, das Donnergrollen wurde leiser. Die schwarze Wolke verdunkelte nicht mehr den gesamten Himmel. Ich konnte wieder ein kleines bisschen Blau sehen. Ich schöpfte Mut, obwohl die Wolke durchaus noch in meinem Blickfeld war und ich dachte, jeden Moment wird es wieder losgehen.

Aber irgendwann schien die Sonne wieder. Kennst Du diese intensive Helligkeit des Sonnenscheins, wenn auf der einen Seite eine Gewitterfront ist und auf der anderen die Sonne? Es scheint, als ob die Sonne viel heller wäre und die Dunkelheit viel dunkler. Genauso war mein Leben. Alles was schön war, war ungeheuer schön - alles was schwer war, war ungeheuer schwer. Aber ich war froh, denn ich wusste: es gibt wider beides im Leben, nicht nur das Schwere, die Ängste, sondern auch das Schöne!

Heute ist die Gewitterwolke oft nicht mehr in meinem Blickfeld. Ich schaue nach vorne in einen blauen Himmel mit Schäfchenwolken und Sonnenschein. In meinem Rücken, wenn ich mich umdrehe, ist die Gewitterwolke noch immer da ist, sie kann durchaus wieder zurückkommen. Doch sie bedroht mich nicht wirklich. Sie ist eine Naturgewalt, gegen die ich persönlich nur wenig tun kann. Und so genieße ich lieber den Sonnenschein als mich vor dem Gewitter, das vielleicht irgendwann wieder drohen mag, zu fürchten.

Ich kann mit dieser Gewitterwolke, die für mich meine Ängste vor der Krankeheit symbolisiert, ganz gut leben - inzwischen! Und Du wirst wohl von allen Frauen hier hören, dass die Ängste insgesamt leider immer wieder mal ins Leben schleichen, auch wenn die Brustkrebsdiagnose schon länger zurückliegt. Das ist ganz normal und natürlich!

Aber ich denke sagen zu können, dass die meisten von uns einen Weg gefunden haben, mit ihren Ängsten umzugehen. Und ich bin sicher, dass auch Du diesen Weg finden wirst!

Der Anfang des Weges (die Stelle, an der Du zurzeit stehst) ist vielleicht nicht leicht - aber er ist gangbar. Das solltest Du einfach in Erinnerung behalten ...

Und wenn die Ängste zu groß werden, dann scheue Dich nicht, ggf. auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine gute Psychotherapeutin oder ein guter Psychtherapeut können viel dazu beitragen, Dinge wieder ins rechte Licht zu rücken.

Ich wünsche Dir alles Liebe auf Deinem Weg und sende Dir viele Grüße


Barbara
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