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Alt 26.09.2008, 23:06
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lizu lizu ist offline
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Registriert seit: 20.06.2008
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Standard AW: wir sind noch so jung...

Hallo Zusammen

Ich habe gerade eine Krise hinter mir (hoffe ich jedenfalls) in der ich nicht mehr die Kraft hatte, zu schreiben.... Ich glaub, ich bin nicht stark genug, das alles heil durchzustehen... Nun mal der Reihe nach:
Mein Schatz ist ja ins Spital gegangen, nachdem sich sein Zustand zu Hause rapide verschlechtert hat. Das ist am Mittwoch zwei Wochen her und leider... ist er immer noch dort.
Nachdem es ihm die ersten beiden Tagen mit Infusion und Morphium viel besser gegangen ist, gab er rapide ab. Ein Tag später musste das Morphium verdoppelt werden und er brauchte Beruhigungsmittel. Er schlief den ganzen Tag und erbrach sich hie und da. Trotzdem wurde die Chemo angefangen, da dies seine letzte Chance war. Er musste einen neuen Port einsetzten lassen und bekam eine Vollnarkose, da man auch gleich zwei sehr schmerzhafte Knubbeln im Narbengewebe wegnehmen wollte. Verdacht war Narbenbruch, herausgekommen sind Tumore, die in der bauchwand eingewachsen sind.... Nachdem das überstanden war, gings mit der Chemo los. Und das gab ihm den Rest. Das Erbrechen und die Schmerzen wurden unerträglich, er bekam soviel Temesta, dass er nur vor sich hindämmerte, die Augen tagelang nur halb öffnete und zu schwach war um richtig zu antworten. Dieser Anblick und der Gedanke daran, dass dies nun wochenlang so weitergehen könnte, liessen mich selber in einen Abgrund fallen. Ich erlebte die ganze Welt einige Tage lang wie in Zeitlupe, betäubt von Schmerz und Angst. Durch den hartnäckigen Beistand von Familienangehörigen habe ich meine Gefühle langsam wieder gefunden, bin aber immer noch erschöpft und möchte nur schlafen....
Meinen Schatz hielten sie während den 5 Tagen Chemo einfach am Leben. Er bekam Flüssigkeit, Schmerzmittel und Schlafmittel, konnte aber auch nicht ernährt werden. Man hat uns mitgeteilt, dass er sich unter Umständen nicht mehr erholen werde und wohl auf die Palliativstation kommen werde und man hat ihn gefragt, ob er überhaupt nach der Chemo künstlich ernährt werden wolle... ich habe in dem Moment gehofft, er sage nein, damit dieses Leiden schneller zu Ende gehe, doch er wollte.
Als die Chemo am Mittwoch fertig war haben sie mit Ernährung über den Port und ganz wenig über die Darmsonde begonnen. Doch er bekam heftige Durchfälle und musste erbrechen, so dass die Sondennahrung wieder gestoppt werden musste. Die ersten beiden Tage nach der Chemo sah es schlecht aus. Die Blutwerte waren im Keller, er wurde isoliert, dazu bekam er Fieber und gleich eine tüchtige Portion Antibiotika. Ich musste ihn stützen um auf die Toilette zu gehen und wenn ich beim Duschen half, konnte ich fast nicht hinsehen. Mir kamen nur Bilder von diesen ausgemergelten KZ-Häftlingen in den Sinn. Mein junger, gesunder Mann hat sich in ein Knochengerüst verwandelt, wie ein alter Mann vorn über gebeugt mit kleinen Schritten geht er, sein Geist ist träge, kompliziertere Fragen versteht er nicht mehr und seine halb geöffneten Augen sehen einem von weit her an... Und trotzdem liebe ich ihn mehr denn je!
Heute dann gab er mir doch wieder einen Strohhalm, um mich dran festzuhalten! Er liess sich zwei Mal im Rollstuhl durch den Gang fahren, sein Blick war heute klar und er hat sogar zwei, drei Bissen gegessen, danach allerdings gleich wieder erbrochen. Ich hoffe so sehr, dass er morgen noch besser drauf ist und ich die schrecklichen Bilder der letzten Woche nochmals vergessen kann! Nun habe ich einfach noch viel mehr Angst davor, wenn dieser Dahin-vegetier-Zustand dann einmal nicht mehr aufhört. Ich möchte ihn nicht noch einmal so erleben und weiss doch genau, dass ich dies schon bald wieder muss. Ich halt das einfach nicht aus! Wie macht ihr das bloss?!

So, nun ist alles raus und ich bin totmüde. Ich hoffe, ich schaffs diesmal früher wieder an den Compi und sorry, wenn ich nichts zu euren Erlebnissen und Schicksalsschlägen schreibe, ich kann einfach nicht mehr....

Gute Nacht
Lisa

Geändert von lizu (26.09.2008 um 23:13 Uhr)
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