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Alt 22.09.2008, 19:53
*Anoli* *Anoli* ist offline
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Standard AW: Leberkrebs beim Sohn

Liebe Susanne,
bisher habe ich hier immer nur ab und zu mal mitgelesen, aber nachdem ich jatzt gerade von deinem an Leberkrebs erkrankten Sohn gelesen habe mußte ich mich jetzt doch registrieren um dir mit meiner Geschichte hoffentlich etwas Mut zu machen.
Ich bin 45 Jahre alt, habe drei Kinder im Alter von 17, 18 und 20 Jahren.
Bei mir wurde im Alter von 12 Jahren Leberkrebs festgestellt, laut Aussage der Ärzte (Uni Frankfurt/M) damals absolut inoperabel und mit einer voraussichtlichen Lebenserwartung von 1-3 Monaten. Für meine Eltern wohl der totale Schock, O-Ton eines Arztes in Bezug auf Chemo 'es kommt darauf an, ob wir sie jetzt in Ruhe lassen oder noch quälen wollen'. Natürlich sollte nichts unversucht bleiben, also wurde bei einer Op eine Gewebeprobe entnommen und dann nach der genaueren Diagnose (sehr schnell wachsendes Lebersarkom, kindskopfgroß(!) ) mit einer Chemo begonnen. Das bedeutete für mich, nach zwei Wochen stationärem Aufenthalt dann wöchentlich in die Uni zur ambulanten Chemo mit all ihren netten Begleiterscheinungen.
Durch den berühmten Zufall haben dann meine Eltern von einem Arzt in USA erfahren, der wohl erfolgreich einen kleinen Jungen aus der Nähe von Worms an Leberkrebs operiert hatte. Um das jetzt ein bißchen zu verkürzen (war schwierig, schnell mit US-Klinik in Kontakt zu kommen, von Seiten der Uni so gut wie keine Hilfe!), wir sind dann schließlich nach Denver/Colorado geflogen und ich wurde dort von Prof. Thomas E. Starzl operiert. Mein Glück war, an die absolute Koryphäe in der Leberchirurgie geraten zu sein, OP dauerte 10 Stunden, 1,75 kg Tumor und damit 85% der Leber wurden dabei entfernt. Mit 10-15% voll funktionsfähigem Lebergewebe kann man sehr gut leben, die Leber ist das Organ mit der absolut größten Reserve und noch dazu wächst sie wieder nach. Bisher habe ich noch nie von einem ähnlichen Fall gehört oder gelesen, daher schaue ich hier ab und an mal im Internet nach und kann so auch erst seit einigen Jahren wirklich ermessen, dass das wohl schon alles ein kleines Wunder ist. Nach dreimonatigem Aufenthalt in USA dann weitere Nachbehandlung mit Bestrahlung und Chemo, dann auf eigenen Wunsch nach ca. 1 Jahr Abbruch der Chemo und Weiterbehandlung mit ganzheitlich orientierten Methoden durch Dr. Issels am Tegernsee (auch dieser ein ganz besonderer Arzt und Mensch). Das wäre so in ganz groben Zügen meine Leberkrebsgeschichte, aus den 3 Monaten sind dann bisher 33 Jahre geworden, mir geht es ausgesprochen gut, sogar Kinder habe ich ohne Probleme bekommen können und auch sportlich war und bin ich sehr aktiv.
Wie es dir und deiner Familie jetzt geht kann ich mir so in ungefähr vorstellen, mein ältester Sohn (2o) hatte vor zwei Jahren einen schweren Motorradunfall (Hirnverletzt, Reha usw.) und das war eine ganz harte Zeit für uns alle.
Allerdings kenne ich durch meine eigene Krankheitsgeschichte auch die Gefühle eines selbst von Krebs betroffenen, die Erinnerung an diese Zeit ist mir nach wie vor sehr lebendig und wertvoll. Ich war auch oft sehr gereizt und genervt meiner Familie und besonders meinen Eltern gegenüber, allein der mitleidige Ausdruck in deren Augen konnte mich schon rasend machen. Dein Sohn ist noch sehr jung, setzt nicht unbedingt alles auf eine Transplantation, eine Leberresektion ist ja eventuell in seinem Fall auch machbar und er bräuchte so kein Spenderorgan. Versuche einfach soviel wie nur möglich an Informationen zu bekommen.
Ganz wichtig ist auch, daß dein Sohn alle Entscheidungen in Bezug auf weitere Behandlungen selber trifft, er allein lebt in seinem Körper, kein Arzt oder wer auch sonst immer kann sich anmaßen, für ihn Entscheidungen zu treffen. Es gibt hier niemals ein 'richtig' oder 'falsch', es gibt ganz einfach verschiedene Möglichkeiten und er sollte sich genug Zeit lassen, welchen Weg er mit der Behandlung einschlägt, er muß schließlich auch mit den daraus entstehenden weiteren Konsequenzen und weiteren Entscheidungen leben und umgehen. Wenn du oder auch dein Sohn irgendwelche Fragen habt oder ich euch sonst irgendwie zur Seite stehen kann würde ich das sehr gerne tun.
Ich hoffe, dir mit meinen Erlebnissen etwas Mut gemacht zu haben, eine Krebserkrankung ist nun mal so individuell wie die Menschen, die sie bekommen und es gibt nicht den einen richtigen Weg, sondern nur den eigenen Weg, um damit umzugehen.

Ich wünsche dir alles alles Liebe und ganz besondere Grüße an deinen Sohn,
Ilona


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