Thema: fassungslos
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Alt 15.09.2003, 22:08
Gast
 
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Standard fassungslos

Mittlerweile sind paar Wochen vergangen und meine Mutter steht vor der dritten Chemo.
Vor zwei Wochen erfuhr ich, dass ihr die Haare ausgehen, seit einer Woche trägt sie eine Perücke. Das erste Mal seit 8 Wochen habe ich sie am Freitag wieder gesehen, ich bin erschrocken, wieviel sie noch zusätzlich abgenommen hat.

Dronabinol bekommt sie nicht, aber wir (meine zweitälteste Schwester und ich) bleiben dran bzw. lassen nicht locker.

Leider mußte ich erkennen, dass die Familie wohl nicht den gewünschten Zusammenhalt hat, wie ich bzw. meine Mutter es erhofft hatten. Regelmässig habe ich von meinen Schwestern gehört, dass in der "Zeit nach der Chemo" immer jemand bei ihr sein wird und ich nicht extra freinehmen müsste. Am letzten Wochenende habe ich die Fakten erfahren... man kommt auf ein Zigarettchen, auf ein Kaffeepläuschen... wenn nicht die beste Freundin meiner Mutter im gleichen Haus wohnen würde, wäre meine Mutter in diesen schweren Tagen alleine.

Vorerst stehen noch 4 Chemos aus, vier Resturlaubstage habe ich noch, Vorschuß auf neuen Urlaub ist nicht möglich. Die Nachwirkungen kommen bei meiner Mutter immer ab dem 2. Tag (Sonntag), ich werde nun alle drei Wochen zu meiner Mutter fahren und erst Dienstag früh direkt auf die Autobahn gehen. Ich hatte heute abend die Hoffnung, einen "Versorgungsplan" aufstellen zu können... von ihren Enkelkindern (beide 23 Jahre) kam sofort volle Unterstützung.

Ich mußte mir von meiner ältesten Schwestern heute abend am Telefon anhören, ich hätte kein Recht dazu, ich würde ja nicht vor Ort wohnen, ich hätte kein Recht dazu mich "einzumischen", ich sei ja weggegangen.

Am liebsten würde ich mich jetzt bei meiner Mutter in die Arme schmiegen, mich bei ihr ausheulen. Aber ich will nicht, dass sie von den Kämpfen hinter den Fronten etwas mitbekommt, ich will ihr den Glauben an die Familie lassen. Aber in meinem Innern weiß ich, dass ich heute abend eine Schwester verloren habe... und es tut nicht einmal weh.
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