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Alt 12.04.2008, 20:46
Reiner1 Reiner1 ist offline
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Standard AW: Ich möchte mit meiner kranken Mutter reden….

Hallo,

jetzt muss ich mal schreiben, wie es bei meiner Muter weiter gegangen ist. Mir hilft es auch immer zuhören, wie es bei anderen weiter gegangen ist.

Ich bin zur Zeit relativ häufig bei meiner Mutter. Sie wohnt in der Nähe, so dass ich sie häufig besuchen kann. Meist ist sie so schwach, dass ich sie nur für kurze Zeit sehen kann, weil sie dann wieder schlafen will.

Inzwischen war die große Besprechung mit den Ärzten. Sie hat demnach auch noch Metastasen im Brustraum zwischen den Lungen. Der Arzt hat uns geraten noch eine Chemotherapie zu machen. Ich bin da eher skeptisch, denke mir aber, dass das meine Mutter entscheiden muss. Sie setzt alle Hoffnungen in die Chemo. Sie wäre sehr enttäuscht gewesen, wenn sie keine bekommen hätte. Der Arzt hat gesagt, dass er auf eine sanfte Chemo achten würde. Ich hatte ihm vorher zu verstehen gegeben, dass ja heute nicht nur die Tage die jemand lebt zählen sondern auch die Qualität, was er natürlich bestätigt hat. Trotzdem hab ich das Gefühl, dass Ärzte schon ihrem Fokus darauf richten wie lange jemand lebt und nicht wie.

Er hat dann in der Besprechung noch sehr drastisch geschildert, wie es mit meine Mutter weiter gehen würde, wenn man nichts machen würde. Er sprach von ersticken, Blutstau im Kopf oder alternativ Leberversagen. Das klang schon wirklich bedrohlich und brutal. zur Chemo gleich größer. Was er natürlich verschwiegen hat ist, dass das alles nur Zeitversetzt drohen würde, wenn die Chemo überhaupt anschlagen würde. Zu seiner Ehrenrettung muss ich allerdings sagen, dass er schon davon gesprochen hat, dass die Krankheit unheilbar ist. Was das bedeutet ist klar. Man kann sich höchstens noch der Illusion hingeben, dass es noch einen wirklich langen substantiellen Aufschub gibt. Das kann ich mir bei allen Ws Ich hier lese nicht vorstellen, zumal meine Mutter jetzt schon zweimal wegen Wasser in der Lunge punktiert wurde.

Mit dem Reden mit Ihr ist es oft sehr schön. Da hat sich wirklich sehr viel getan. Ich kann viel entspannter mit ihr reden. Wir reden über Gott und die Welt und es ist eigentlich immer persönlich. Es geht mal um Alltäglichkeiten und oft auch um die Vergangenheit nach dem Motto „Weist Du noch?“ oder auch um die Zukunft auch wenn es keine Heilung mehr geben würde. Da tauchen wir uns dann auch über unsere Vorstellungen zum Zustand nach dem leben aus. Es schwankt also immer hin und her. Oft wird dabei eben das Thema Tod und Krankheit gestreift und oft fängt sie davon an, bis sie dann sagt, darüber möchte ich jetzt nicht reden, worauf ich dann oft mit Fug und Recht sage, dass sie davon angefangen hat. Es wäre auch unnatürlich nicht darüber zu reden, wenn man so krank ist und eine mehr als wahrscheinliche Entwicklung die zum Tode ist.

Insgesamt hat meine Mutter die Chemo ganz gut verkraftet das Mittel heißt etwas mit Vino…. aber es ist keine Besserung eingetreten. Bisher geht es seit der Diagnose in leichten Wellen bergab. Es ist Wahnsinn, wie sich jeder an die kleinste Besserung hält und meint jetzt geht es wieder besser. Man gewöhnt sich auch so an den Zustand, das man dann auch auf die Frage wie es ihr geht sagen kann: „Ganz gut!“ Wenn man außer acht lässt, dass ein Besuch der Länger dauert schnell eine Überforderung darstellt und eine Treppe ein manchmal unüberbrückbares Hindernis darstellt. Die Sichtweise ist ein Hinweis auf einen Grundoptimismus im Menschen und eine riesige Anpassung an das bestehende.

So das war´s erst einmal.

Ich wünschen allen die hier lesen alles Gute!!!!!

Liebe Grüße

Reiner
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