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Alt 12.04.2008, 17:45
Sharanna Sharanna ist offline
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Standard AW: Krebs - und alle haben sich lieb ...... ????

Hallo Dannisa,

auch mein Mann ist an Nierenkrebs erkrankt, noch relativ frisch - die OP war erst Anfang letzten Monats.

Es ist natürlich richtig gesagt von meiner "Vorrednerin", daß es die Krankheit unserer Partner ist. Aber ich weiß nicht, ob man das so leicht unterscheiden kann. Wenn man sehr liebt, dann empfindet man es fast als "gemeinsamen Krebs", zumindest fühle ich manchmal so.
So eine schwere Krankheit, die auch über die OP oder akute Behandlung hinaus das Leben weiterhin (für immer) beeinflußt, ist meines Erachtens nach immer eine Krankheit der ganzen Familie. Daher ist es auch völlig ok, daß Du schreibst, daß Deine Energie langsam aufgebraucht ist - ich kann das sehr gut verstehen.

Deine Erzählung klingt ein bißchen so, als würdet Ihr im Moment in einer Achterbahn sitzen - die Krankheit "passiert" mit Euch, sie hat Euch im Griff, nicht Ihr die Krankheit. Die Sprachlosigkeit zwischen Euch führt zu Problemen, die werden wieder nicht ausgesprochen, die Gefühle leben aber in Euch und machen auch etwas mit Euch. Entweder machen sie traurig, sie schmerzen, tun weh, machen wütend - oder womöglich gar körperlich krank. Das betrifft auch Dich, natürlich!
Daher ist es für Euch wichtig, die Sprachlosigkeit zu durchbrechen. Eine Therapie wäre sicher ein guter Schritt für Euch beide, getrennt oder auch jeder (erstmal) für sich, aber wie ich es raushöre, würde Dein Mann z.Zt. nicht mitgehen. Ich fühle aber, daß Dir Deine Ehe, Dein Mann, sehr sehr wichtig sind. Du hast (noch) nicht aufgegeben, da spricht die Liebe in Dir.
Wir Frauen haben es oft leichter, über unsere Probleme zu sprechen. Das ist nicht grundsätzlich so, aber es passt oft. Daß Du hier im Forum kommunizierst, ist ja auch ein Zeichen dafür. Daher wird es Dir sicher leichter fallen, es (nochmal) zu probieren.
Suche einen Moment, in dem Ihr Ruhe habt (vielleicht Wochenende, bei einem Spaziergang). Sei bemüht, Dich nicht provozieren oder aus der Ruhe bringen zu lassen (was ja nicht immer so leicht ist, nicht wahr? ). Versuche vielleicht, Botschaften einfließen zu lassen wie: "Was brauchst Du im Moment?" - "Wie kann ich Dir eine Hilfe sein - was stört Dich eher?".
Versucht, Eure Grenzen zu erkennen. Wo kommst Du ihm in Deiner Sorge zu nahe (er stößt Dich dann weg)? Wo fühlt er sich entmündigt, indem du ihm zu viel (aus Liebe) abnimmst (don't forget: er ist ein Mann und möchte sich auch weiterhin so fühlen! ).
ABER: Ihr seid ein Paar, Deine Gefühle sind ebenso wichtig wie seine, unabhängig von seiner Krankheit! Daher: auch DEINE Grenzen sind wichtig: sage ihm, wo er Dich mit seinen Wutausbrüchen, seinen Kränkungen oder seiner Kälte überfordert und traurig macht. Versuche, es liebevoll aber bestimmt, ohne Anschuldigungen oder Vorwürfe zu sagen, sonst geht er gleicht wieder in die Verteidigung. Sage daher nicht "Du hast aber...!", sonder vielleicht eher "Es macht mich traurig / ängstlich / es kränkt mich, wenn ich das Gefühl habe, daß...".
Es ist nicht leicht, ein Gespräch so "vorsichtig" und "bewußt" zu führen, aber es kann helfen, keinen Streit eskalieren zu lassen, der Euch nur noch sprachloser macht. Positive Formulierung kann manchmal Wunder wirken. Statt "Ich wünschte, wir würden nicht immer streiten!" lieber "Ich wünsche mir für uns, daß wir uns wieder näher kommen..." - der erste Satz verlockt schnell zu Entgegnungen "männlicherseits" wie "ICH streite ja auch nie, aber DU...!!!" (also wieder Verteidigungshaltung), während der zweite Satz leichter ein "Das wünsche ich mir auch" zuläßt.

ICH wünsche EUCH auf jeden Fall, daß Ihr langsam, Stück für Stück, die Brücke zwischen Euch wieder festigt. Diese Erkrankung ist eine ganz schwierige Situation für die ganze Familie - nicht wenige zerbrechen daran.
ABER: auch ganz viele wachsen an dieser Aufgabe und gehen den Weg gemeinsam! Das wünsche ich Euch.

Liebe Grüße,
Sharanna

PS: Denke nicht, Deine Gefühle sind nicht "angemessen" - wenn Du wütend bist, dann bist Du wütend. Dann hat das auch einen Grund. Laß es raus, geh spazieren, verkloppe die Kissen (das hilft! selbst erprobt!), mach Sport, geh zu einer Freundin, komm hier in's Forum...
Es ist auch immer eine Idee wert, sich selbst psychologische Hilfe zu holen, auch ohne Deinen Mann. Denk an Dich, und sei gut zu Dir!
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