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Alt 19.03.2008, 20:22
cscherwi cscherwi ist offline
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Standard AW: Thread für junge Angehörige von Krebskranken

Hallo!

Ich bin Christina und das was ich zur Zeit (leider schon wieder) erlebe, habe ich gehofft nicht mehr durchmachen zu müssen. Vor 2 Jahren ist meine Oma an Krebs gestorben. Ich habe meine Oma geliebt, wie keinen anderen Menschen auf der Welt und es war selbstverständlich für mich, dass ich für sie da war, wenn sie mich gebraucht hat. Gemeinsam mit meinem Opa und meiner Tante übernahmen wir die Pflege. Auch meine Mama war - in dem ihr möglichen Rahmen - da. Ich war jeden Tag einige Stunden bei ihr (wechselten uns ab), wusch sie, fütterte sie, was alles halt dazu gehört. Ich war dankbar für diese Zeit, weil ich mich verabschieden konnte und zu mindestens einen Teil der Liebe die sie mir geschenkt hatte, zurück geben konnte. Als sie starb, hatte ich mich wirklich von ihr verabschiedet und lies sie gehen - in eine für sie bessere, schmerzfreie Sphäre. Ich war sehr traurig, aber ich hatte von da an keine Angst mehr vor dem Tod. Weil es für sie einfach eine derartige Erlösung war.

Nun ja, auf was ich eigentlich hinaus möchte. Meine Tante (mit der wir gemeinsam meine Oma gepflegt haben) ist im Sommer an Magenkrebs erkrankt. Zunächst sah alles noch sehr zuversichtlich aus. Sie bekam Chemo, auf die sie zunächst sehr gut ansprach. Doch dann wurde ihr Körper immer schwächer - eine Therapie nicht mehr möglich. Sie hat keinen Partner, auch keine Kinder. Ich war immer wie ein eigenes Kind für sie. Und es war für mich auch in diesem Fall immer selbstverständlich für sie da zu sein. Die Dinge des Alltags zu erledigen, die sie nicht vermochte zu erledigen. Quartierte mich zeitweise bei ihr für ein paar Tage ein, wenn es ihr schlecht ging. Für meinen Opa (der seit dem Tod meiner Oma ein gebrochener Mann ist) war meine Tante seit dem immer die Hauptbezugsperson. Ich merke wie sehr er darunter leidet, anzusehen, wie es ihr von Tag zu Tag schlechter geht. Ich versuch jetzt auch für meinen Opa da zu sein (der auch immer für mich da war).

Bei der Pflege meiner Oma damals, war ich nicht allein - wir haben uns den doch teilweise auftretenden Kummer zumindest unter uns drei (meiner Tante, meinen Opa und mir) teilen können. In der Situation jetzt, bin ich mehr oder weniger alleine. Ich versuche meinen Opa so wenig wie möglich damit zu belasten, versuche ihn verständlich zu machen, wie es um meine Tante steht - so dass er dies auch akzeptieren kann. Neben den ganzen organisatiorischen Dingen bleiben da auch sämtliche emotionale Belastungen an mir hängen. Ich kann die meiste Zeit ganz gut damit umgehen. Aber Studium, Arbeit und das andere alles zusammen, lassen mich teilweise an meine Grenzen stoßen. Um nicht zusätzlich jemanden zu belasten, behalte ich das meist alles für mich (ist für mich nicht so schlimm als anderen Last aufzubürgen und damit auch noch umgehen müssen).

Bin jeden Tag bei meiner Tante im Krankenhaus und bin da meist mit meinem Opa (weil er selbst mit dem Auto nicht mehr mobil ist). Wir reden da mit meiner Tante kaum über die Krankheit (um meinen Opa nicht zu belasten - und das würde ihn belasten - das merke ich jedes Mal, wenn das Thema angesprochen wird). Jetzt ist es so, dass meine Tante über Ostern nach Hause kommt. Ich bin die paar Tage dann bei ihr. Haben auf der Palliativstation schon alles mit den Schwestern und der Ärztin besprochen.

Ich weiß, dass meine Tante sterben wird. Ich kann damit auch umgehen (so hart wie das klingen mag, aber nach dem was ich mit meiner Oma "erlebt" habe, kann mir dies nicht mehr so schnell was anhaben). Ich möchte für meine Tante da sein, ich möchte ihr die Tage zu Hause schön gestalten (vielleicht sind es die letzten die sie zu Hause ist). Aber ich habe Angst. Ich habe mit ihr in letzter Zeit nie wirklich viel Zeit alleine verbracht (war immer mit meinem Opa bei ihr, oder anderwertiger Besuch war da). Jetzt sind wir dann alleine. Die Schwester im Krankenhaus hat gesagt, ich solle doch mit ihr über ihre Gefühle und Gedanken sprechen. Ich weiß nicht ob ich das kann, wie ich das machen soll? Das macht mir wirklich Angst. Ich habe Angst, dass es ihr vorkommt ich sei ihr gegenüber kaltherzig (ich tu mir manchmal schwer wirklich zu zeigen was ich fühle - so eine Art Abwehrmechanismus um Stärke zu zeigen). Ich glaub ganz einfach dass ich für sie und auch den Rest der Familie stark sein muss. Und ich tu mir auch, glaub ich leichter stark zu sein, als Gefühle zu zeigen.

Ich will sie begleiten, ich will sie so gut wie möglich begleiten, ich will für sie da sein und ihr zeigen, dass sie mir wichtig ist. Ich will ihr auch zeigen, dass sie sich um meinen Opa keine Gedanken machen muss, dass er bei mir gut aufgehoben ist. Ich hoffe ich schaff das!

Liebe Grüße und Danke (schon alleine dafür, dass ich das alles mal nieder schreiben durfte)

Christina