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Alt 25.07.2003, 22:36
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Mädels,

heute geht es mir wieder etwas besser. Der Tag gestern hat mich ziemlich mitgenommen. Gestern wurde der Grabstein auf ihr Grab gesetzt. Er ist wunderschön, wir haben etwas ganz besonderes ausgesucht. Ich kann es schlecht beschreiben, es sind wie zwei Säulen, die miteinander durch einen Halbbogen verbunden, auf dem Strahlen eingemeißelt wurden - in der Mitte eine Verbindung, auf der zwei Personen (Mann und Frau) geformt sind - darunter steht "und was getrennt ist findet sich wieder". Wirklich wunderschön und es ist ein so beruhigendes Gefühl, dass ich heute tatsächlich 3x auf dem Friedhof war, nur um den Stein anzuschauen und den Spruch zu lesen. Ich habe gleich ein paar Digitalfotos gemacht, um morgen mal beim Gärtner wegen der passenden Grabbepflanzung zu fragen. Ich hoffe, Mama gefällt all das, was wir ausgesucht haben.

Als ich Eure Beiträge gelesen habe, war ich mir plötzlich doch nicht mehr so sicher, ob es für mich besser gewesen wäre, wenn ich in Ihrer Todesstunde bei ihr hätte sein können.
Liebe Alessa, Dein Bericht hat mich sehr berührt. Ich bin mir sicher, meine Mama hätte ähnliches gesagt. Sie wollte nicht gehen und vielleicht war es so für sie leichter, ohne jemand von uns in ihrer Nähe. Ich habe schon öfters gehört, dass Sterbende nicht gehen können, weil die Angehörigen um sie sind. Viele sterben genau dann, wenn die Angehörigen kurz das Zimmer verlassen oder gegangen sind. Warum ist das wohl so? Vermutlich, weil sowohl Angehörige und Sterbender nicht loslassen können. Ich stelle mir das auch furchtbar schwer vor! Liebe Alessa, ich bewundere Dich, dass Du die Kraft gefunden hast, Deiner Mama zu sagen, dass sie gehen darf. Ich weiß nicht, ob ich nicht das Gegenteil gesagt hätte - Mama, bleib bei uns! Deine Mama fand es sicher wunderschön, begleitet von Deinen Worten und der Geschichte vom kleinen Prinzen und den lachenden Sternen für immer einzuschlafen. Es ist, als hättet Ihr die Rollen getauscht: Die Gutenachtgeschichte, die sie Dir als Kind zum Einschlafen erzählt hat, das hast in ihrer letzten Stunde Du übernommen. Kann man seiner Mama etwas schöneres zurückgeben als das?

Und jetzt gebe ich Euch allen noch ein Gedicht hierzu mit auf den Weg, ganz besonders für Dich, Sandrah!

Jedes Jahr führt alles,
was das Leben je lehrte, hierher zurück;
den Feuern und dem schwarzen Fluß des Verlusts,
dessen anders Ufer die Erlösung ist,
deren Bedeutung niemand von uns je erfahren wird.
Um in dieser Welt zu leben,
muß man fähig sein,
drei Dinge zu tun:
lieben, was sterblich ist;
es mit aller Kraft festhalten,
wissend, daß das eigene Leben davon abhängt;
und wenn die Zeit kommt, es loszulassen,
loslassen.

Eure
Kiki
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