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Alt 09.11.2007, 19:07
SinnlosesLeiden SinnlosesLeiden ist offline
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Standard AW: Wie kommt der Tod?

Wieder mal vielen Dank für die lieben Zuschriften!
Ich habe mich schon länger nicht mehr gemeldet und wollte einfach mal wieder ein update liefern...

Ich weiß schon bald nicht mehr, was ich glauben und hoffen soll: meinem Vater geht es unverändert schlecht - nein stimmt nicht ganz - seit gestern haben wir das Fortecortin abgesetzt. Die Kopfschmerzen werden schubweise immer heftiger. Mein Vater weigert sich bis zum Schreikrampf gegen Schmerzmittel. Nicht mal mehr 2 5ooer Paracetamol lässt er sich geben. Seit Tagen geht das Schlucken schwerer. Die Zähne fallen ihm aus, was auch seine Kauprobleme erklärt. Scheinbar liegt der Tumor oder das umgebende riesige Ödem gerade in dem Areal, das für Kauen, Schlucken, etc. zuständig ist. Er "hamstert" alles in die rechte Backe und hat sich die letzten Tage ganz exotische Mahlzeiten gewünscht, wie wenn er noch mal alles, was er gern gegessen hat, kosten möchte. Seit heute gibts nur noch weiche Nahrung. Das Trinken geht kaum. Er hat Probleme beim Schlucken und trinkt max. 1/2 Liter Flüssigkeit und das obwohl er vor 11 Jahren durch Krebs eine Niere verloren hat und eigentlich täglich mindestens 3 Liter zum Spülen bräuchte.

Ach liebe Leut, ich weiss auch nicht... was ich hier oder in anderen Foren so lese, passt überhaupt nicht mit der Geschichte von meinem Vater überein. Alle können noch mehr oder weniger bewusst ihr Leben gestalten. Mein Vater kann das seit nun fast 11 Monaten schon nicht mehr...

Er wünscht sich doch nichts sehnlicher, als endlich von diesem Horror erlöst zu sein. Ich kann verstehen, dass er unzufrieden ist, schimpft, schreit, aggressiv wird, dass er seinen Hass, den er gegen diese Krankheit hat, einfach nur so auszudrücken weiss.

Meine Mutter hat ihr komplettes Leben nach ihm ausgerichtet, sie ist 24 Stunden an seiner Seite, wäscht ihn, füttert ihn, rasiert, cremt ein, pflegt, macht und tut und viel zu oft kommt von ihm nur Gemeckere und Geschreie. In wachen Momenten tut ihm das so leid, dass beide miteinander weinen - in der verschwindend kurzen Zeit ist er fast wie früher, der treusorgende, selbstlose Familenmensch, der lieber sein Leben geben würde, als dass es uns schlecht geht... Doch dann kommt nur der böshafte Egoismus (Fernseher an, Fernseher aus, Licht an, Licht aus, Heizung an, Heizung aus, Essen kochen aber flott, rauchen, aufs Klo (per Flasche), wo bleibt der Besuch, Besuch da, die solln sich schleichen, ich will keinen sehen) Und das in einer Tour. Tagsüber wie Nachts.

Der Tumor hat Verstand und Empfinden total durcheinander gebracht, nichts ist mehr, wie es einmal war.

Aber warum um alles in der Welt zieht sich dieser Prozess so unnötig lang hin. Versteht mich nicht falsch, ich will meinen Vater nicht "loswerden" nur damit es ihm und uns besser geht - aber ich habe nach dieser unfairen Krankenzeit wenigstens auf einen gnädigen Tod gehofft.

Wie lange schafft es ein Mensch schier unerträgliche Schmerzen auszuhalten, nur um durch Morphium o.ä. nicht auch noch den letzten Funken Verstand einzubüßen. Er erträgt die Schmerzen, weil er 2-3 Minuten am Tag "normal" sein möchte... Ärzte, Hospizhelfer, Therapeuten, Apothker - alle sagen, gebt ihm was gegen die Schmerzen - aber sollen wir gegen seinen Willen entscheiden? Nein!

Viele schreiben von Ihren Angehörigen, dass sie innerhalb weniger Tage oder Wochen des Ringens mit dem Tod Erlösung fanden. Wir haben vor ca. 2 Wochen auch die ersten Anzeichen erkannt, aber was kommt noch alles?

Wie lange wird es dauern, was muss er noch alles durchleiden?

Ich weiss, vielen raten uns mit dem Hospiz in Kontakt zu bleiben, aber meine Mutter weigert sich. Sie will die verbleibende Zeit, lieber an der Seite meines Vaters verbringen und empfindet jede Unterbrechnung als störend...

LG Sonja
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