AW: Mit 30 Jahren alleine
Liebe Tatin,
ich lese die ganze Zeit still bei dir mit und heute, wo Du doch wieder so verzweifelt bist, wollte ich kurz ein Wort an Dich richten.
Kann es ein, dass Deine Freunde kein einziges persönliches Wort an Dich gerichtet haben, weil sie angst vor Deiner Reaktion haben? Alleine die Frage: wie geht es Dir ist pure Ironie, weil sie wissen, das es Dir SCH... geht...
Ich habe noch keinen Partner durch den Tod verloren, bin nur verlassen worden. Doch der Umgang danach mit verliebten Pärchen hat mir immer das Herz gebrochen. Ich versetze mich jetzt mal kurz in die Situation Deiner Freunde... Also, ich hätte den ganzen Abend ein beklemmendes Gefühl... Nicht, weil Du mir nicht mehr wichtig wärst oder ich Dich als Belastung sehen würde. Sondern eher, weil ich angst hätte, Dich an etwas zu erinnern, was Du gerade zu verarbeiten versuchst. Ich würde auch um jeden Preis versuchen, den Abend so nett wie möglich zu gestalten und Dich nicht in Trauer zu versetzen. Obwohl jeder weiß, dass diese Trauer Dich immer begleitet. Ich denke, es ist nicht böswillig, sondern pure angst und Unbeholfenheit, Unwissenheit. Mit jeder Ansprache an Dich hat man Angst Dich zu verletzen. Wäre ich mit Dir alleine, in einem nicht öffentlichen Raum, würde ich Dich in den Arm nehmen und sagen, weine was das Herz hergibt. Ich würde mit Dir weinen, versuchen Dich aufzufangen und an Deiner Seite zu stehen. Dir eine Leiter zu bieten, an der Du Dich langsam,
in kleinen Schritten, wieder hoch ziehen kannst. Doch gerade als Pärchen hat man schon ein schlechtes Gewissen Dir gegenüber. Und dann versucht man das zu überspielen, um Dir nicht weh zu tun und tut es damit doch...
Liebe Tatin, ich wünsche Dir einen Funken Licht (und natürlich die gr0ße Sonne) und eine Leiter, an der Du Dich wieder ins Leben klettern kannst!
Ich drück Dich,
Silke
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