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Alt 26.08.2007, 15:49
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Linnea Linnea ist offline
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Registriert seit: 18.07.2007
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Standard AW: Club Magic Life

Hallo Ihr Lieben,

irgendwie war ich seit Freitag stimmungsmäßig so durcheinander, daß mit mir einfach nichts mehr anzufangen war. Vor allem gestern war es schrecklich: ich kam mir vor, wie die Karrikatur eines Tausendfüßlers, weil ich es nicht lassen konnte, ständig über mich selbst zu stolpern (in verschiedenen Hinsichten) und mich dabei grauenhaft zu fühlen. Gestern morgen war ich sogar so tüdelig, daß ich anstelle eines Herzmedikaments versehentlich Soledum-Kapseln geschluckt habe, die noch von meiner letzten Bronchitis herumlagen (glücklicherweise war es nichts härteres, so ein bißchen Eucalyptus mehr oder weniger macht ja nichts). Und nachdem ich mir selbst durch und durch nörgelig vorkam, habe ich meine Familie nachmittags ins Freibad geschickt, um mich danach schrecklich alleingelassen zu fühlen.

Jedenfalls konnte es so nicht weitergehen, aber gärtnern, wie vor meiner OP, kommt als „selbsttherapeutische Maßnahme“ noch nicht wieder so richtig in Frage. Im Garten komme ich mir derzeit noch so vor, wie diese Frauen in bestimmten Fernsehproduktionen, die im weißen Kleid zwischen den Beeten entlangflanieren, ab und zu mit einer zierlichen Gartenschere eine angeschrumpelte Blüte abknipsen und dann von ihrer erfüllenden Gartenarbeit reden. Aber richtig Unkrautrupfen ist momentan eben noch nicht…

Also habe ich wieder meine Patchworkdecke vorgenommen, an der ich in der Klinik und danach viele Stunden genäht habe. Gestern und am heutigen Vormittag habe ich wie besessen daran gearbeitet mit dem gewünschten Effekt: Ich fühle mich wieder viel, viel besser. Und außerdem ist ganz nebenbei die Decke fertiggeworden.

Solche Flickendecken haben ja einerseits den Vorteil aller Handarbeiten, daß man sieht, was man getan hat – das tut natürlich gut. Und wie bei allen farbigen Dingen, springen einem an manchen Tagen mehr die dunklen Teile, an anderen mehr die hellen ins Auge. Andererseits kann man so ein bißchen herumphilosophieren über das Leben und wie es sich aus lauter bunten Teilen zusammensetzt, die oft zuerst gar nicht zusammenzupassen scheinen und dann doch irgendwie ein Ganzes ergeben. Oder darüber, daß sich aus fast jedem Fetzchen doch noch etwas machen läßt… Jedenfalls läßt sich mein Optimismus damit ganz gut ankurbeln…

Außerdem stammen die meisten Stoffe, die ich verwendet habe, von Kleidungsstücken, die meine Mutter und Großmutter einmal genäht haben. Wir sind als Kinder immer in selbstgescheiderten (meist geblümten) Kleidern und Baumwollhosen herumgelaufen, von denen noch Stoffreste existierten. Es sind ein paar karierte Schürzenstoffe von meiner Großmutter dabei, ein paar Reste meines Konfirmations-Kleides, Blusenstoffe von meiner Mutter, Teile ihrer 70er-Jahre-Wickelröcke – also alles kreuz und quer. Ja und den Rand habe ich aus meinen Schwangerschaftskleidern gemacht – die brauche ich ja nun mit Sicherheit nicht mehr und aus meiner Verwandtschaft kann sie auch niemand erben, weil meine Schwestern und meine Schwägerin in spe alle kleiner sind als ich. Es ist also nicht nur eine Seelentherapie- sondern auch eine richtige Lebensabschnitts-Decke geworden. Und genauso bunt und verrückt sieht sie eben aus. Ich habe sie zum Photographieren mal über unser Sofa gelegt – ich hoffe, das mit dem Anhängen klappt, damit Ihr Euch selbst ein Bild davon machen könnt.

Einen guten (seelisch ausgeglichenen und körperlich beschwerdefreien) Sonntag wünscht Euch allen
Eure Linnea
Angehängte Grafiken
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- Christine Busta -
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