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Alt 24.04.2007, 22:33
Ralph Ralph ist offline
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Registriert seit: 15.08.2005
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Standard AW: bedeutung von der krankheit

Hallo ihr Lieben,

ich möchte mich mal melden, da ich eine ganz andere Einschätzung bezüglich meines Krebses (Sigma Ca mit Entfernung des linken Leberlappes 02/98, 5 Lungen-OPs von 1999 bis 2004 inkl. Entfernung des linken Lungenflügels u einer Rippe, Bestrahlung 60Gy) habe. Dies mag mit meiner naturwiss. Ausbildung zusammenhängen - bin gelernter Physiker, auch wenn ich dies heute nicht mehr ausübe. Für mich ist der Mensch eine gigantische Chemiefabrik. Je mehr wir über die biochemischen Vorgänge im Körper erfahren, desto komplexer wird das, was da in jeder Sekunde abgeht. Wie in jeder Fabrik passieren auch im Körper ständig Unfälle. Zu jedem Zeitpunkt passieren ungezählte Fehler, die von der körpereigenen Feuerwehr behoben werden z.B. indem die betreffenden Zellen zum Selbstmord gebracht werden ("Apoptose"). Auch wenn es die verschiedensten "Feuerwehreinheiten" gibt - irgendwann geht etwas schief. Das kann durch äußeren Einfluss (Chemikalien, Radioaktivität, ..) oder auch durch Schwächung der eigenen Abwehr ( Stress, Krankheit, ..) passieren. Oder einfach weil die Abwehr pennt oder überfordert ist. Und dann hast du plötzlich Krebs. Nun können wir Menschen aber solche Schicksalsschläge nicht einfach hinnehmen sondern wir fangen an zu interpretieren: warum ich ? was hab ich getan? bin ich selbst schuld ? Meines Erachtens beginnt hier ein häufig tödlicher Irrtum: Manche Krebskranke glauben, dass sie geheilt würden wenn sie nur die vermeintliche Ursache korrigierten. Ich habe selbst eine gute Bekannte, mit der ich häufiger über den "gemeinsamen" Darmkrebs diskutierte, zwischenzeitlich verloren. Leider gibt es auch Ärzte, die diese Vision unterstützen. Mir hat der Chefonkologe eines Krankenhauses 1998 geraten das Messer an mich ranzulassen, wann immer es möglich sei. Das ist immer ein Abwägen zwischen verbleibender Lebensqualität und der Hoffnung, den Krebs doch noch zu besiegen.

Andererseits - ich habe es selbst erlebt, dass das Ereignis KREBS uns zum Innehalten und zum Nachdenken bringt. Auch mir wurde die eigene Endlichkeit plötzlich sehr deutlich vor Augen geführt. Nichts dagegen, wenn manche dann ihr Leben neu sortieren und Maßnahmen ergreifen, die eigentlich überfällig waren. Nur bin ich überzeugt, dass damit nicht "die Ursache des Krebses" beseitigt wird. Auch wunderbar, wenn wir anschließend etwas sensibler auf unseren Körper achten. Es gibt Untersuchungen, dass Sport/Bewegung zu einer reduzierten Metastasenhäufigkeit führt (Exercise reduces recurrence after treatment for stage III colon cancer: August 1, 2006 Journal of Clinical Oncology.) So walke ich möglichst 4 mal die Woche mindestens eine Stunde um mich fit zu halten. Tatsächlich bin ich heute ziemlich zufrieden. Der eine Lungenflügel reicht, um beim Marathon 6 Stunden durchzuhalten. Der CEA, der in 2005 und 2006 auf 16 angestiegen war hat jetzt den Rückwärtsgang eingeschaltet : letzte Woche war er nur noch 12!
Meine Meinung ist sicherlich auch nicht das "Gelbe vom Ei" - aber so wie jeder Krebs von Person zu Person verschieden ist sind vermutlich auch unsere Einstellungen zu ihm unterschiedlich.

Euch einen schönen Abend.

Ralph
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Ich respektiere meinen Krebs -
aber ich lasse mich nicht von ihm dominieren.
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