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Alt 11.04.2007, 13:55
Kerstin N. Kerstin N. ist offline
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Rotes Gesicht AW: Auch ich bin hier neu (leider).

Hallo Andrea,
was ist das denn für ein Taxiunternehmen?
Das ist ja wohl unmöglich, so eine Verhaltensweise!
Ich kann mir vorstellen,daß solche Aufträge, wie Patientenfahrten für eine Taxifirma sehr lukrativ sind.

Aber die Reaktion deiner Mutter habe ich auch schon bei meiner Mama, sie ist 72J., erlebt.
Deine Mutter wird sicher froh sein, daß aus dem Termin noch nichts geworden ist. Sie sieht es nicht so, daß wertvolle Zeit verstreicht.
Für sie ist dieser Aufschub ein Stück "Sicherheit". Sie hat noch ein wenig Ruhe, ein bißchen Normaltät.
Meine Mutter ging einmal sogar soweit, sich einer schwierigen Halsoperation zu unterziehen, die noch gar nicht nötig war, nur um nicht zu ihrer Mastektomie zu müssen.
Ich war damals fassungslos. Sie hat dadurch sehr wichtige Zeit verloren.
Als es dann endlich zur Brust-OP kam, hatte sie bereits Krebs in den Lymphdrüsen unter ihrem Arm.
Und auch als der Krebs jetzt im letzten Winter wieder ausbrach, hat sie Arzttermine verschoben, oder ausfallen lassen.
Ich weiß nie, ob sie die Wahrheit sagt, wenn sie erzählt, daß alles in Ordnung ist.
Ärzte haben ja oft die Angewohnheit sich sehr nebulös auszudrücken, wenn man ihnen Fragen stellt, besonders, wenn man selber der Patient ist.
Da passiert es dann oftmals, daß meine Mutter sich die Antworten frei interpretiert. Wie z.B. "Ich habe gar keine Metastasen, hat der Arzt gesagt.
Und der muß es ja wissen, er hatte ja die MRT-Bilder vorliegen."
Tatsächlich hatte der Arzt (sehr feige, meiner Meinung nach) nichts von Metastasen gesagt. Er erwähnte das Wort "Zweitbefund", das meine Mutti nicht verstand. Sie war erleichtert und hat den nächsten Arzttermin erst mal verschoben.
Nur auf unser Drängen hin, ist sie dann zu ihrem Hausarzt gegangen, der ihr alles ausführlich erklärt hat und ihr dringend geraten hat ins Krankenhaus zu gehen.
Ich muß aber sagen, daß ich dieses Verhalten sehr gut verstehen kann- bis zu einem gewissen Punkt.
Ich war selber schon Tumorpatientin und kenne so auch die "andere Seite".
Wenn man so schwer krank ist, klammert man sich an jedes Stück Normalität.
Man möchte die Krankheit wegschieben. Man möchte einfach vor ihr davon laufen und denkt nicht daran, daß die Krankheit immer mitkommt.
Aber irgendwann muß man sich der Krankheit Krebs stellen, damit man ohne sie weiterleben kann.
Ich denke, deine Mutter, die ja noch ziemlich am Anfang steht, wir das auch hinkriegen.
Als Angehörige hast du es nicht leicht, denn du siehst, daß alles schnell gehen muß, damit deine Mutti wieder gesund wird.Aber sie benötigt noch Zeit, um zu begreifen, was da mit ihr passiert, Zeit die sie eigentlich nicht hat.
Sicher wirst du solche Situationen noch häufiger erleben.
Ich wünsche dir viel Kraft und Mut und sende auch ganz herzliche Grüße an deine liebe Mutti!
Nachösterliche Grüße aus dem schönen Hannover
von Kerstin
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