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Alt 01.05.2003, 14:55
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Standard Geschichten die das Leben schrieb

Der Milchmann
In einem frommen Nonnenkloster,
wo man nur liebt den Paternoster,
da fügt sich, dass wie in jedem Jahr
mal wieder der Oberin Namenstag war.

Die war so fromm und ein Vorbild der Nonnen,
drum hatten sich die Nonnen besonnen
der lieben Dame zum Andenken,
ein schönes Bild zum Festtag zu schenken.

Man hatte im Laufe der Zeit entdeckt,
dass in der Nonne Martha ein Talent steckt.
Nun wirklich, sie konnte ohne zu prahlen,
die herrlichsten Bilder in Ölfarbe malen.

Und sie malte dann, in aller Unschuld natürlich,
ein männliches Aktbild ganz figürlich.
Dieses Bild wurde dann der Oberin gebracht.
Die hatte nun auch frei gedacht und gesagt:

"Das ist ja prächtig, ihr lieben Kinder,
ich freu mich mächtig, doch scheint mir,
dass unsere Künstlerin indessen
an diesem Bild hat etwas vergessen."

Sie erklärt, dass der liebe Gott hat fürs Leben
dem Manne ein Patengeschenk hat mitgegeben."
"Dass ihr das nicht wisst, verzeih ich euch gern,
denn solch Unschuld gefällt Gott, dem Herrn."

Die Nonne Martha erbittet das Bild aus den Händen
der Oberin und sagt: "Ich will das Bild vollenden."
Wie nun die Nonne über den Klosterhof geht,
wo gerade der stämmige Milchmann steht,
der jeden Morgen, wenn das Gebetglöckchen bimmelt und klingt,
zwei Kannen Milch in das Kloster bringt.

Zu diesem sagt die Martha schnell:
"Ach, lieber Mann, stehen Sie mir bitte Modell."
Der gute Mann hat sich nicht lange besonnen,
was ist schon dabei, bei solch unschuldigen Nonnen.

Die Nonne Martha malte mit fiebrigen Wangen
Naturgetreu nach, was an den Milchmann gehangen.
Sie bringt das vollendete Meisterstück
den Nonnenkindern zurück.

Als die Oberin sieht das Bild,
da wurden die Augen ganz groß, starr und wild,
und ein Schrei ertönt, wie ihn gehört noch keiner:
"Um Gottes Willen, das ist ja den Milchmann seiner!"

LG Renate
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