Einzelnen Beitrag anzeigen
  #3  
Alt 17.01.2007, 15:05
Benutzerbild von AndreaS
AndreaS AndreaS ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.02.2005
Ort: SB
Beiträge: 837
Standard AW: was hilft euch in der trauer, wie verläuft sie...??

Hallo Stef,

es tut mir sehr leid, dass auch du deinen Vater verlieren musstest. Mein Mann ist vor 27 Monaten gestorben, wir haben vier Kinder im Alter zwischen 13 und 22.

Die Art und Weise, mit dem Verlust umzugehen, war bei uns 5 ziemlich unterschiedlich. Während die einen reden möchten, machen die anderen es lieber mit sich selbst aus.

Ich selbst muss reden, immer und immer wieder. Deshalb war und ist für mich dieses Forum auch so hilfreich, da es Möglichkeit gibt immer wieder erneut zu formulieren, was belastet, was weh tut, wovor man Angst hat oder was Hoffnung macht. Es hat getröstet, zu lesen, dass man mit seinen Gefühlen, so seltsam sie zeitweise sein mögen, mit seinen enttäuschenden Erfahrungen auch besonders im Hinblick auf vermeintliche "Freunde" mit der Unregelmäßigkeit seines Schmerzes, nicht alleine ist. Dass die, die hier sind, genau wissen, wovon man spricht. Die Umwelt geht leider viel zu schnell zur Tagesordnung über, will wieder verdrängen, was einen getroffen hat, kann einfach nicht damit umgehen. Die Zeit, die die Trauer braucht, hat selten jemand. Gute Ratschläge, die man nicht hören möchte, mehr ist meist nicht.

Hier habe ich Freunde gefunden, wirkliche Freunde, die das Schicksal mit mir teilen, mit denen ich mich täglich austausche, die hören und erzählen wollen. Freundschaften, wie ich sie vor dem Tag X in dieser Intensität nie gekannt habe.

Was mir persönlich am meisten weitergeholfen hat, besonders in der "akuten" Phase der Trauer waren die Briefe, die ich meinem Mann schreibe. Mit ihm zu sprechen, ihm zu erzählen, ihm zu sagen, wie und was ich fühle, war für mich der beste Weg, mit mir und meinen teilweise sehr verworrenen Gedanken umzugehen.

Auch gewisse Rituale, z. B. das tägliche Kerzenanzünden vor seinen Bildern, mit dem dazugehörigem "Gespräch" sind mir sehr wichtig, während ich seit 2 Jahren nie wieder an seinem Grab war, weil ich persönlich dort keinen Zugang zu meinem Mann finde.

Du wirst wahrscheinlich selbst die Erfahrung machen, dass es einfach keine Regel gibt. Der Schmerz wird immer gerade so stark sein, wie du es in dem Augenblick verkraftest. Anfangs ist da eventuell noch so eine Art Schock, der dich vor dem fürchterlichen Schmerz schützt.

Es gibt Tage,vor denen man sich besonders fürchtet, der Geburtstag, der Todestag, dein Geburtstag Weihnachten, Sylvester. Oftmals stellt man jedoch verwundert fest, dass gerade diese Tage relativ "gut" vorübergehen. Dafür schlägt das "Trauertier" in anderen Momenten besonders schlimm zu, unverhofft, ohne Vorwarnung. Nein, ich fürchte, es gibt keine Regel.

Anfangs habe ich überlegt, was evtl. von mir erwartet wird, habe aber zum Glück ziemlich schnell gemerkt, dass ich nicht tun MÖCHTE, was von mir erwartet wird. Ich habe sofern es mir möglich war, meine Trauer so gelebt, wie sie sich in dem Moment angefühlt hat. Mein Schmerz, mein Verlust, meine Trauer. Von außen kann keiner raten, was man zu tun und zu lassen hat, und vor allem nicht, wieviel Zeit man braucht.

Auch das Lesen hier im Forum bei "Gedanken und Gedichte" hat mich manches neu überdenken lassen, Sprüche, die Gefühle auf den Punkt bringen, die Hoffnung machen.

Ich hoffe, du findest für dich einen Weg, deine Trauer so leben zu können, wie es für dich gut ist. Vielleicht hilft dir der Austausch hier, das von der Seele schreiben. Es sind leider sehr viele hinterbliebene Kinder, die hier schreiben.

Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft und Liebe, diesen schmerzlichen Weg zu bewältigen, der nun begonnen hat.

Lass dir und deiner Seele Zeit.

LG
Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
Mit Zitat antworten